Solidarität: Neue Technik, alte Ausbeutung
Gegen miese Arbeitsbedingungen bei IT-Konzernen demonstriert die anarchosyndikalistische Gewerkschaft FAU vor der IFA.
„Arbeiter sind keine Maschinen“ und „Wiedereinstellung bei Chung Hong“, hieß es auf Flyern, die 20 AktivistInnen der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft Freie Arbeiterunion (FAU) am vergangenen Samstag am Eingang der IFA-Elektronikmesse verteilten. Sie informierten die BesucherInnen über gewerkschaftsfeindliche Praktiken des chinesischen Konzerns Chung Hong in der polnischen Sonderwirtschaftszone Tarnobrzeg.
Dort wurden vor einigen Wochen 25 ArbeiterInnen entlassen, die sich gegen schlechte Arbeitsbedingungen zur Wehr gesetzt und eine Gewerkschaftsgruppe gegründet hatten. Die Messe sei Ort der Aktion, weil Chung Hong ein wichtiger Zuliefererbetrieb für den weltweit bekannten Konzern LT-Electronis sei, „der zentral auf der IFA vertreten ist“, so FAU-Sekretär Andreas Förster.
Die kleine Gewerkschaft hat einen Solidaritätsaufruf zur Unterstützung der Entlassenen initiiert, nachdem sie kürzlich gemeinsam mit dem „AK Geschichte sozialer Bewegungen“ einige der Gekündigten ins Berliner Haus der Demokratie eingeladen hatte. Dort gaben sie einen Einblick in die Arbeitsbedingungen der mittlerweile 14 polnischen Sonderwirtschaftszonen. So zahlte Chung Hong 350 Euro Monatslohn in einem Land, in dem sich die Lebenshaltungskosten westeuropäischem Standard annähern. Auch berichteten die Beschäftigten über Anfahrtswege von oft mehr als einer Stunde. Als die Überstundenzuschläge abgeschafft wurden, organisierte ein Teil der Beschäftigten sich in der libertären Gewerkschaft „Arbeiterinitiative“ (Inicjatywa Pracownicza). Nach der Entlassung eines Aktivisten organisierten sie einen Solidaritätsstreik, Chung Hong reagierte mit der Massenkündigung.
Mit der IFA-Aktion habe man „den BesucherInnen an einem aktuellen Beispiel die Arbeitsbedingungen vor Augen geführt, unter denen die so begehrten Smartphones und andere elektronische Geräte produziert werden“, so Förster. Zudem geht es um die konkrete Unterstützung der polnischen KollegInnen, die nach ihrer Kündigung auch Probleme mit dem Arbeitsamt bekommen haben. Das kürzte ihnen mit der Begründung, sie hätten ihre Erwerbslosigkeit selber verschuldet, das Arbeitslosengeld. Trotz ihrer prekären Situation halten sie an der Forderung nach einer gemeinsamen Wiedereinstellung fest. Angebote von Chung Hong, einzelne KollegInnen wieder einzustellen, lehnten sie ab.
Leser*innenkommentare
Thilo P
Gast
Dann schreibt doch auch, dass Samsung dahinter steckt.
Heiner L.
Gast
Gute Aktion, vielen Dank! Hat es denn irgendeine Reaktion seitens des Pressepersonals am Stand von LG gegeben? Über den konkreten Fall hinaus, hat die FAU damit auch aufgezeigt, dass es in Europa "Sonderwirtschaftszonen" gibt, in denen bereits jetzt auf chinesischem Lohnniveau ausgebeutet wird. Das dürfte umso wichtiger sein, als die EU-Krisenstrategen gerade erst an diesem Wochenende die Einrichtung von "Sonderwirtschaftszonen" in Griechenland vorgeschlagen haben.
gibt es sozial hergestellte Technik?
Gast
Gibt es eigentlich auch Computer oder Mobiltelefone, die unter sozialen Verhältnissen hergestellt wurden? Quasi sowas wie Fairtrade-Rechner usw...
auch das noch
Gast
sehr gut, angestellte am rande des existensminimum zu beschäftigen ist widerlich, verletzt eindeutig die menschenwürde. besucher dieser messe die möglichkeit zu geben sich zu information ist ein wichtiger betandteil dies vielleicht einzudämmen. so können die konsumenten entscheiden. wenn dies dann auch noch medienwirksam bei den konzernentscheidern, ceo's, oder auch eigentümern ankommt, könnte sich etwas ändern.