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Solarindustrie in OstdeutschlandDie Sonne schert sich nicht um Banken

Die Solarindustrie in Ostdeutschland boomt, doch die Wirtschafts- und Finanzkrise machen der Branche zu schaffen. Einige Photovoltaik- Projekte verzögern sich.

Derzeit gibt es bundesweit 46.000 Jobs in der Solarbranche; allein 15.000 davon finden sich in Ostdeutschland, wo ein Großteil der Anlagen produziert wird. Bild: dpa

Schwarze Schutzhandschuhe übergestreift, hantiert Susanne Conze in einem luftdicht abgeschlossenen, gläsernen Apparat, indem sie ihre Arme durch passgenaue Öffnungen schiebt. Mit einer Pipette tropft die Chemiestudentin, die am Dresdner Fraunhofer-Institut für Keramik-Technologien forscht, eine silanhaltige Flüssigkeit auf ein Glasplättchen. Das Glas wird anschließend geschleudert und erhitzt. Nach und nach wird es grau: Auf der Oberfläche hat sich eine hauchdünne Siliziumschicht gebildet - das ist die Fläche, die auf Dünnschichtsolarzellen Strom erzeugen kann. Je nach Ausgangsmaterial, Schleudertempo und Temperatur bilden sich unterschiedliche Schichten. Die beste zu finden, das ist Conzes Auftrag.

Forschung, die dazu beitragen kann, der Nutzung der Sonnenenergie zum Durchbruch zu verhelfen. Die Aufgabe: Photovoltaikstrom muss möglichst schnell billiger werden, um mit konventionell erzeugtem Strom konkurrieren zu können. Die Lösung: Solarmodule müssen effizienter und ihre Herstellung günstiger werden.

Etwa 70 Kilometer vom Fraunhofer-Labor entfernt, im sächsischen Mochau, produziert die US-Firma Signet Solar bereits ungewöhnlich große Solarmodule mit Dünnschichttechnologie. Dort wird vergleichsweise teures Gas auf Glas gedampft, um die Dünnschichtmodule herzustellen. Ihr Vorteil: Durch ihre Größe von 2,20 Meter mal 2,60 Meter sind sie günstiger zu produzieren und zu installieren. Dennoch plagen die Firma Sorgen, trotz eines wachsenden Marktes. Denn die Finanzierung der Produktionserweiterung stockt. "Die Banken prüfen derzeit umfangreicher", sagt Werksleiter Dietmar Scholz. Dies werde zu einer Verzögerung von voraussichtlich drei bis vier Monaten führen.

Kein Einzelfall in Sachsen und anderen Photovoltaik-Vorzeigestandorten. So gibt es auch Verzögerungen im sachsen-anhaltischen Thalheim, wo die norwegische Vetro Solar AG die weltweit größte Solarglasfabrik errichten will. Baustart soll nicht wie geplant in diesen Wochen, sondern erst in einigen Monaten sein. Die Firma macht Finanzierungsprobleme im Zuge der Bankenkrise dafür verantwortlich.

Solche Probleme kennt auch Sachsens Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD). Die Bankenkrise wirke sich auf die Finanzierung von Photovoltaikprojekten aus, so Jurk. Auch die Privatbanken müssten aber gerade jetzt Projekte im Mittelstand vorantreiben. Derzeit gibt es bundesweit 46.000 Jobs in der Solarbranche; allein 15.000 davon finden sich in Ostdeutschland, wo ein Großteil der Anlagen produziert wird. 2010 sollen es schon 18.000 Jobs sein, bundesweit dann 54.000.

Den größten Boom erwarten die Hersteller aber, wenn in einigen Jahren Solarstrom so günstig ist wie Strom aus der Steckdose. "Wenn die Kostenparität erreicht ist, steht uns ein unbegrenzter Markt offen", sagt Frank Asbeck, Chef von Solarworld. Die Firma produziert im sächsischen Freiberg mit 1.500 Beschäftigten Silizium-basierte Module. Auf die Kostenparität setzt auch die Firma Roth und Rau, die im sächsischen Hohenstein Produktionsanlagen für die Photovoltaikindustrie herstellt. Ihr Finanzchef Carsten Bovenschen schätzt: "Kommt die Parität, gibt es eine Nachfrageexplosion."

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10 Kommentare

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  • BH
    Bernhard H. Johannes Wagner

    Herr Bürger G., bzw. falls "Bürger" Ihr Nachname und "G." eine Abk. Ihres Vornamens ist, und Sie eine Frau sind, dann: Frau Bürger G (das meine ich nicht ironisch!),

     

    es hat hier soweit ich sehe niemand bestritten, dass Sie auch für Erneuerbare Energien sind.

     

    Sie sollten aber Kritikerinnen und Kritiker, die Kernkraft für viel weniger sicher halten, als Sie das tun, nicht so schnell als "Öko-Spinner" und dergleichen bezeichnen. Es gibt nun einmal tatsächlich nicht bloß irrationale Argumente, die Risiken dieser Technologie höher einzuschätzen, als Sie das offenbar tun. Und das sind nicht bloß "Totschlagsargumente", wie Sie es ungefähr nennen

    und das ist auch nicht bloß "Schwarzweißdenken", (es sei denn eines, das nicht schlimmer ist, als z.B. schwarze Buchstaben von einem weißen Hintergrund zu unterscheiden - wo das ja z.B. auch durchaus angemessen ist).

  • BG
    Bürger G.

    Ich habe schon mehrfach erklärt, nichts gegen subventionierte EE zu haben, aber diese Investitionen sollten sinnvoll sein (naja, ihr meint ja das sie sinnvoll sind, meinetwegen). Die Arbeitsplätze zur Herstellung vieler EE sind aber bereits jetzt in China oder sonst wo... na gut, sollen die auch was verdienen, aber: Was ist Euer problem mit der Kernenergie? Sie kann doch euren vorstellungen zur 100% Abdeckung EE helfen, denn bis zur Bereitstellung 100% EE Versorgung, wird durch Kernenergie günstig, klimaschonend und volkswirtschaftlich sinnvoll Strom erzeugt und sie brauchte dazu lächerliche 15 Mrd an Forschung und Entwicklung: Den EE gehört die nächste hälfte des Jahrhunderts, ok., bis dahin - Kernkraft nutzen!

     

    Mit den angeblichen GAU Kosten kann man natürlich immer "argumentieren", aber das ist ein Todschlagargument, dass man ebenso an BASF, Bayer, Merck, CERN etc. weiterreichen kann.... ;-)

  • A
    Andy

    @Bürger G.

     

    Ist Volkswirtschaft immer dort, wo die VolksWagen rumfahren?

     

    Volk und Wirschaft in einen Wort, da lachen ja die Hühner.

     

    Es gibt hier in Deutschland auch Leute, die sich vorstellen können, dass das aktuelle System durchaus noch Potential hat!

  • E
    emiliozapatista

    Lieber Bürger G. Ihre Rechnung ist in mehrfacher Hinsicht falsch. Erstens wälzt die Atomindustrie die latenten Versicherungskosten ihrer Anlagen aufgrund der Unfallrisiken auf die Allgemeinheit ab, denn im Falle eines einzigen GAU fallen sehr sehr viel mehr als "nur" 100 Mrd Euro Schaden an, sofern man ihn überhaupt beziffern kann. Zweitens sind die wie viele Mrd. auch immer für EE (ich lasse mal offen, wieviele es sind, meinetwegen auch 200 Mrd. Euro bis 2020), eine sinnvolle Investition für einen guten Zweck, inklusive vieler Tausender Ausbildungs- und Arbeitsplätze.

    Selten werden in diesem Land Milliarden so sinnvoll investiert wie hier (nehmen sie mal z.B. die Mrd. von so manchen fragwürdigen Rüstungsgütern über einige Jahrzehnte ... da sind 100 Mrd. Euro noch beinahe Peanuts), oder im Vergleich zu Verbrechen und Verbrechern, die z.B. die Deutschen Bank bis heute unterstützt (z.T. über sog. Tochterunternehmen), ebenfalls Milliarden Summen, inklusive der Verwaltung und Gütervermehrung der Konten von Kriegsverbrechern, Diktatoren etc. aus verschiedenen Ländern der Erde (dazu ein vorsichtiger Artikel im aktuellen Greenpeace Magazin, zusammen mit Amnesty International), und viele andere Beispiele.

    Da lobe ich mir diese menschenfreundliche Investition für Erneuerbare Energien. Es sollten noch viel mehr Milliarden sein. Sie kommen wenigstens der absolute Mehrheit zugute.

  • E
    emiliozapatista

    Auch Anne's Idee, bis 2020 nahezu 100% aller stabilen und unverschatteten Dächer in Deutschland (und anderswo) mit Solaranlagen auszustatten, finde ich großartig. Von Regierungen einberufene "runde Tische" von ExpertInnen (aber nur solche, ohne Verflechtung mit Erdöl- Kohle- und Kernkraftwerksunternehmen) sollten sich schon mal Strategien überlegen, wie das am besten zu bewerkstelligen ist.

  • BG
    Bürger G.

    und da war sie wieder, die Atomsubventionslüge von Anne: Fakt ist: die gesamten Kosten für Forschung und Anschubfinanzierungen der Kernenergie belaufen sich auf ca. 15 Mrd Euro. Die Subventionen die der Bundesbürger für EE zahlt belaufen sich bis 2020 auf 100 Mrd. Euro, für lächerliche kWh Stomausbeute!

     

    Wir sind eine reiche Volkswirtschaft und es ist gut die EE zu fördern, aber die Kernenergie brauchen wir um den EE zu helfen, dass müssen die sog. Grünen hier mal verstehen....

     

    ...aber Schwarz-Weiß-Denken ist ja sooooo einfach

  • FT
    Fritz Teich

    Solarworld pfeift auf Duennschichtzellen, zu viel Cadmium, mit Recht?

  • E
    emiliozapatista

    Anne hat recht, finde ich, auch damit, dass Schwermetall-Solarzellen sofort zu verbieten sind, zumal sie auch gar nicht so einfach recyclingfähig sind. Solche Zellentypen sind mehr als überflüssig, es gibt genügend andere.

  • A
    Anne

    Wer sich Vermögenswerte irgend welcher Art im Wert von mehr als 1 Mio. Euro unter den Nagel gerissen hat, sollte von unserem freiheitlich demokratischen Rechtsstaat im Sinne des GG ("Eigentum verpflichtet") stärker zur Kasse gebeten werden, damit eine bessere Verwendung desselben zum Wohle der Allgemeinheit inkl. zukünftiger Generationen gewährleistet ist.

     

    Von den Aldibrüdern, der Müllermilch- und Lidlfamilie und Tausenden anderen MultimillionärInnen stünden dann insgesamt einige Milliarden mehr zur Verfügung, um bis 2020 nahezu 100% aller stabilen und unverschatteten Dächer in Deutschland mit Solaranlagen auszustatten. Ähnliches sollte natürlich auch in anderen Ländern geschehen.

  • A
    Anne

    Der Preis hat nicht nur mit der Effizienz der Zellen zu tun, sondern auch sehr viel mit der Stückzahl, die von einem Typ hergestellt wird. Bei einer so allgemein wichtigen Sache wie dem Umstieg auf Erneurbare Energien verlassen sich alle Parteien, die im Bundestag sitzen, zu sehr auf den Markt. Bei der Atomenergie war der Staat viel viel mehr involviert, er sollte es umso mehr jetzt bei der Solarenergie (photovoltaik ebenso wie Brauchwasser Sonnenkollektoren oder in Spanien u.s.w. auch Parabolrinnen- und Heliostat-Anlagen etc.). Bei mehr Staat gleich "DDR" zu jammern, ist eine schlicht irrational übertriebene Paranoia oder eine unehrliche Taktik derer, denen dabei vielleicht Gewinne entgehen (z.b. der jetztigen AKW Betreiber, die dann noch schneller überflüssig werden).

     

    Aber: PV Zellen, die Silizium durch Cadmium oder andere Schwermetalle ersetzen, sollten aber schnellstens verboten werden, sofort!, auch dann, wenn sie vielleicht ein paar Prozent mehr Wirkunsgrad erreichen, als andere.

    Wo sind die VerbraucherInnenschützerInnen?