Sockenschuß: Otto McKinsey
■ Staatsrat Rehhagel: Die Bremer wollen Brot und Spiele und keine Call-Center
„Die Dikussion um das McKinsey-Gutachten ist eine Scheindebatte.“Recht hat er, der Herr Neumeyer. Als einzigem sind dem CDU-Fraktions-Chef gestern die wahren Beweggründe der rheinischen Wirtschaftsprüfer aufgefallen. Nicht um die Landesfinanzen dreht sich die hitzige Diskussion.
Die McKinseys stehen schlichtweg auf Seiten des 1. FC Köln. Darum das vernichtende Spargutachten. Denn eben gegen jenen rheinischen Verein müssen die örtlichen Kicker von der Weser am Samstag antreten. Und zwar ohne Otto Rehhagel auf dem Trainerstuhl. Den haben die McKinseys in hinterhältiger Gutachter-Manier rausgekickt und damit sogar die Kollegen vom WESER KURIER (WK) getäuscht!
Eigentlich waren sich Vereinsspitze und die Bremer Fußball-Ikone bereits handelseinig: Wolfgang Sidka bleibt Cheftrainer und König Otto wird – wie der WK so richtig berichtete – ab sofort Sportdirektor. Wie aus üblich gut unterrichteten Kreisen jetzt zu erfahren war, hat Rehhagel aber plötzlich abgelehnt. Er gehe zwar weiter in Bremen zum Zahnarzt, ließ der Fußball-Lehrer angeblich verlautbaren. Aber sein heißgeliebtes Goethe-Theater – wichtigster Rückkehrgrund laut WK – könne er nach der McKinsey' schen Sparorgie nicht mehr besuchen, um sich dort feiern zu lassen.
Denn beim Goethe-Theater wollen die McKinsey-Gutachter bekanntermaßen 6,5 Millionen Mark einsparen. Aus dem Rehhagel'schen Umfeld war dazu nur zu hören: „Dann kann er auch genauso gut ins Kaiserslauterner Stadtbühnenhaus gehen.“
Allerdings freuten sich die roten Teufel vom Betzenberg und von McKinsey gestern zu früh. In einem vertraulichen Papier – das der taz vorliegt – kündigte Rehhagel unter der Überschrift „Football's coming home“an, den 1. FCK nur noch zum Meistertitel führen zu wollen. Am Ende der Saison will der „Macher“(Otto über sich selbst) trotz Goethe-Theater-Debakel an die Weser zurücckehren.
Nach intensiven Verhandlungen mit dem neuen Wirtschaftssenator und Ex-Beck's-Werder-Bremen-Sponsor-Paten Josef Hattig (CDU) wird Otto Rehhagel Nachfolger des Wirtschaftsstaatsrats Frank Haller. „Der ist schuld an der Wirtschaftsmisere und dem McKinsey-Gutachten“, soll Rehhagel gestern vor Freunden gesagt haben. „Der gehört ausgewechselt und auf die Tribüne verbannt.“Außerdem sei es ihm als König Otto egal, wer unter ihm Senator sei, hieß es weiter.
Zu seinen Plänen als Wirtschaftsstaatsrat verriet Rehhagel gestern einem geheimen taz-Informanten folgendes: „Ich werde zuerst das McKinsey-Gutachten ins Abseits befördern und dann Werder Bremen, die Wirtschaftsfördergesellschaft und das Goethe-Theater vereinigen. Die Bremer wollen schließlich Brot und Spiele und keine Call-Center.“
Zugleich will Rehhagel bei der nächsten Bürgerschaftswahl als Spitzenmann der AfB antreten, nachdem Haller der Wählergemeinschaft die rote Karte gezeigt hat. Rehhagel: „Ich habe schon damals bei meinem Wechsel nach Bayern erklärt: Zu Politik sach ich nix. Das macht mir die AfB so sympathisch. Die enthalten sich auch immer. Sozusagen als Unparteiische in der Bürgerschaft.“Noch-Wirtschaftsstaatsrat Frank Haller will dagegen dem Vernehmen nach an den Rhein wechseln – als Chef-Gutachter bei McKinsey und neuer Vorstands-Chef des 1. FC Köln. Jens Tittmann
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