: So weit, so Goethe-Institut
COMMUNITY Hinter dem Vulkan: Jürgen Teipel erzählt von drei Menschen, die in Mexiko in Sachen Technokultur unterwegs sind – „Ich weiß nicht“
Verschwende deine Jugend“ hieß Jürgen Teipels 2001 erschienener „Doku-Roman“, der den Autor auf einen Schlag berühmt machte. Nach dem Vorbild der einschlägigen Oral-History-Werke „Edie“ oder „Please Kill me“ interviewte Teipel Musiker, Künstler und Musikkritiker der frühen deutschen Punk- und NdW-Szene und montierte die O-Töne zu einer flüssigen Erzählung. Eine westdeutsche Kulturgeschichte.
Was Teipel all die Jahre seit „Verschwende deine Jugend“ getrieben hat? „Ich weiß nicht“ ist sein neues Werk betitelt. Es ist ein kurzer Roman. Keine Doku. Er handelt in der Hauptsache von drei Personen. Einem namenlosen Ich-Erzähler, einer Frau namens Tere und Tommy, ihrem Freund. Alle drei sind zusammen in Mexiko unterwegs, legen Platten auf und sprechen auf Diskussionsveranstaltungen über die Musik. Ihre Lebenshaltung trägt Züge der Technokultur. So weit, so Goethe-Institut.
Mexiko, seine Bewohner, seine Kultur, seine Probleme bleiben aus der Handlung weitgehend ausgesperrt. Die drei Handlungsreisenden tauschen sich zwar mit Einheimischen aus und sind in Sachen Peyote-Bewusstseinserweiterung tätig. Aber Teipel vermeidet in seinem schwärmerischen, dem Sound der Überaffirmation von 80er-Jahre-Pop hoffnungslos ausgelieferten Stil bewusst jedes going native.
Ständig redet der Ich-Erzähler vom „Mädel“, er wirkt auch in Mexiko aus der Zeit gefallen. „Ich weiß nicht“ ist eine Liebesgeschichte. Und diese Amour fou im fortschrittlichen Kulturvermittlermilieu braucht zum Aufwickeln der verspulten Egos so viel Platz, dass das Setting darunter leidet. Mehr Malcolm-Lowry-Wahnsinn und weniger Gated-Community-Muff hätte dem Ganzen gut getan. JULIAN WEBER
■ Jürgen Teipel: „Ich weiß nicht“. Dumont Verlag, Köln 2010, 125 Seiten, 14,95 Euro