: So weit die Beine tragen
Heute Abend steigt die 14. Bewag City-Nacht am Ku’damm: Das Rennen über 10 Kilometer für Läufer, Walker, Inlineskater und Rollstuhlfahrer ist hierzulande längst der größte Straßenlauf seiner Art. Weil keine ausländischen Topläufer am Start sind, ist mit einem deutschen Sieg zu rechnen
VON MARKUS WILD
Dass der Berliner an und für sich seit je dem Laufen zuneige, ist historisch nicht belegt. Gemeinhin heißt es vielmehr, sein freches Mundwerk bringe ihn im Leben weiter, als seine zwei Beine ihn jemals tragen könnten. Doch die Zeiten haben sich geändert, wovon sich jeder selbst überzeugen kann. Man muss nur einen der zahlreichen Berliner Stadtparks in der Abenddämmerung aufsuchen. Nur mit Glück wird man dann nicht von einem der unzähligen Jogger über den Haufen gerannt und kann seinen Spaziergang unversehrt fortsetzen – bis man an der nächsten Weggabelung wieder einem Pulk von schwer schnaufenden Joggern ausweichen muss.
Auch die Zahl der öffentlichen Laufereignisse hat stark zugenommen. Heute Abend steht schon das nächste große Bewegungsevent an: die 14. Bewag City-Nacht. Das Rennen über 5 und 10 Kilometer für Läufer, Walker, Inlineskater und Rollstuhlfahrer ist längst der größte Straßenlauf seiner Art in Deutschland. Das besondere an der Bewag City-Nacht: Sie findet in der stimmungsvollen Abendatmosphäre auf dem Kurfürstendamm statt, – genau dann, wenn sich die Sonne allmählich dem Horizont zuneigt.
Zum dritten Mal in Folge ist die Bewag der Titelsponsor des Laufs. Das hat seine Gründe: Denn das Energieunternehmen engagiert sich bereits seit Mitte der 90er-Jahre für den Berliner Sport. So werden sowohl die Fußballer von Hertha BSC als auch die Basketballer von Alba unterstützt. Und neben der City-Nacht tritt die Bewag auch beim Berliner Halbmarathon als Titelsponsor auf. Damit noch nicht genug: Die Bewag fördert seit Jahren auch den Berliner Jugendsport. Ziel sei es laut Bewag-Eigenwerbung, „den Sinn für Ehrgeiz und sportlichen Teamgeist zu schärfen“. Zu den Initiativen in diesem Bereich gehört zum Beispiel der Bewag Schul-Cup, den das Unternehmen 2003 in den Disziplinen Basketball und Laufen ins Leben gerufen hat – und das mit Erfolg: Über 100 Basketballteams und mehr als 20.000 laufbegeisterte SchülerInnen nahmen an den letzten beiden Veranstaltungen jeweils teil.
Doch zurück zur Bewag City-Nacht: Schon im vergangenen Jahr startete eine Rekordzahl von 7.094 Athleten – dieses Jahr aber wird erstmals die 8.000er-Marke durchbrochen. Rund 6.500 Teilnehmer werden über 10 Kilometer, 1.000 Läufer über 5 Kilometer und rund 700 Inlineskater über 10 Kilometer an den Start gehen. Wie in den Vorjahren werden an dem Rundkurs bis zu 55.000 Zuschauer erwartet. Livemusik soll zusätzlich für gute Stimmung sorgen. Und für den Fall, dass das Wetter zu schweißtreibend sein sollte, wurden entlang der Strecke Duschen zur Abkühlung installiert.
Der neue Rundkurs hat sich in den vergangenen zwei Jahren etabliert und bedeutet einen offensichtlichen Fortschritt gegenüber der früheren Pendelstrecke auf dem Kurfürstendamm. Gelaufen wird nun auch über die nördliche Parallelstraße des Ku’damms, die Kantstraße. Für das stark gewachsene Läuferfeld ist dadurch wesentlich mehr Platz entstanden.
Da die Strecke sehr flach ist, können hier erstklassige Zeiten gelaufen werden. Während es im vergangenen Jahr bei den Männern einen kenianischen Doppelsieg gab, hat man laut Mark Milde vom Veranstalter SCC-Running dieses Mal bewusst darauf verzichtet, internationale Spitzenläufer zu verpflichten – statt das schmale Budget für teure Halbprofis aus dem Ausland zu verschleudern, habe man die Reisekosten für einige deutsche Spitzenkräfte übernommen. „Wir wollen den deutschen Teilnehmern vor den deutschen Meisterschaften Anfang September die Chance bieten, sich vor heimischem Publikum zu profilieren.“ Ein weiterer Grund für das Fehlen ausländischer Konkurrenz könnte das bescheidene Preisgeld sein, denn für nur 500 Euro, die den Siegern winken, lohnt die Anreise aus der Ferne kaum.
Trotzdem verspricht das Rennen spannend zu werden: Zu den Favoriten bei den Männern zählt Carsten Schütz (Startnummer 5), der mit einer Zeit von 2:14:40 beim letztjährigen Berlin-Marathon der schnellste Deutsche über die Königsdistanz war. Aufpassen muss Schütz allerdings, dass Stefan Koch (Startnummer 2), der 21-jährige deutsche Halbmarathonmeister, ihm nicht den Rang abläuft. „Ich hoffe, dass der Sieger eine Zeit von unter 30 Minuten laufen wird“, sagt Mark Milde.
Bei den Frauen könnte der Ausgang des Rennens noch knapper werden. Denn mit Claudia Dreher (Startnummer 2) und Melanie Kraus (Startnummer 3) stehen zwei Topläuferinnen in den Startlöchern – ihre Marathonbestzeiten unterscheiden sich nur um drei Sekunden! Während Dreher die Streckenrekordhalterin der Bewag City-Nacht ist, konnte Kraus im Mai beim Avon Running, dem Berliner Frauenlauf im Tiergarten, das Duell der beiden für sich entscheiden: Als Zweite lief Melanie Kraus unmittelbar vor Claudia Dreher im Ziel ein. Doch bei aller Konkurrenz sollten die beiden vor allem eine andere Läuferin nicht aus den Augen lassen, denn mit der Polin Monika Drybulska (Startnummer 1) ist auch die letztjährige Titelverteidigerin am Start. Doch wie immer im Sport ist der Ausgang völlig offen – und sind Favoritenstürze keine Seltenheit. So musste Claudia Dreher im letzten Jahr nach starken Seitenstichen Gehpausen einlegen – am Ende trabte sie langsam als Vierte ins Ziel.