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So soll die Zuschussrente funktionierenMaximal 850 Euro brutto

Das Konzept der Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) verarbeitet Bekanntes. Es gibt höchstens 80 Euro mehr als in der Sozialhilfe.

Ja, das sollte sie eigentlich. Bild: dpa

BERLIN taz | Das Protestgeschrei gegen den Gesetzentwurf zur „Zuschussrente“ von Ursula von der Leyen (CDU) ist groß – dabei verarbeitet die Ministerin darin Vorschläge, die es auch in anderen Konzepten gibt. Nur hat der Von-der-Leyen-Plan einige Pferdefüße mehr.

Von der Leyens Gesetzentwurf sieht vor, dass niedrige Rentenbeiträge in der späteren Rentenberechnung aufgewertet werden, aber nur jene Beiträge, die ab dem Jahr 1992 geleistet wurden. Bei Kinderlosen beträgt die Aufstockung 50 Prozent, bei Müttern oder Vätern, die Kinder aufzogen, jedoch 150 Prozent. Was kompliziert klingt, hat einen einfachen Effekt: Durch die Aufwertung kann sich der Rentenanspruch bis auf maximal 850 Euro brutto nach heutiger Kaufkraft erhöhen.

Allerdings ist das ein Bruttobetrag, davon gehen noch Kranken- und Pflegeversicherung ab. Netto gibt es also auch mit „Zuschussrente“ maximal nur rund 80 Euro mehr als heute in der Sozialhilfe, der Grundsicherung im Alter. Auch bei der „Zuschussrente“ gibt es zudem eine Bedürftigkeitsprüfung, der Partner darf nicht mehr als 850 Euro an Alterseinkünften haben, damit seine Partnerin den Maximalbeitrag an Aufstockung bekommt.

Wer lange arbeitslos oder selbstständig war, erwirbt keinen Anspruch. Als Bedingung müssen die GeringverdienerInnen durch sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nämlich mindestens 30 Jahre Pflichtbeitragszeiten, nach einer Übergangszeit sogar 35 Jahre erreicht haben, um in den Genuss der Leistung zu kommen. Allerdings werden für die Betreuung eines Kindes zehn Jahre an Beitragszeit angerechnet. Mütter haben es also erheblich leichter als Kinderlose, später eine Zuschussrente zu bekommen.

Um Anspruch auf die Zuschussrente zu haben, müssen die Beschäftigten allerdings auch einen Riester-Vertrag abschließen mit Beiträgen von mindestens 5 Euro im Monat.

Die Ministerin will die Zuschussrente teilweise durch Beiträge und teilweise durch Steuermittel finanziert wissen. Sie rechnet damit, dass im Jahr 2030 rund 1,4 Millionen RentnerInnen die Leistung beziehen. Das Von-der-Leyen-Konzept erinnert ein wenig an die „Rente nach Mindesteinkommen“, eine Sozialleistung, die 1992 wieder abgeschafft wurde und auch eine Aufstockung geringer Rentenansprüche vorsah. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hatte die Wiedereinführung der Leistung gefordert. Auch das Alterssicherungskonzept der Grünen sieht eine Mischung aus beitragsfinanzierter Rente und steuerlich finanzierter Aufstockung, aber ohne Bedarfsprüfung, vor.

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5 Kommentare

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  • D
    drehmstz

    Das Ende der "sicheren Rente" hat schon längst begonnen: zigtausende "Frei"berufler existieren momentan nur am Rande des Existenzminimums und mit Hilfe von ALGII-Aufstockung. Die Zahlen der Betroffenen werden in den nächsten Jahren keineswegs zurückgehen, sondern stark zunehmen. Entsprechend werden die nächsten ALGII_Rentnergenerationen vor den Suppenküchen Schlange stehen, um ihre Rationen abzuholen.

    Aber von der Leyens Zuschussrente wird von Merkel sowieso erstmal abgeschossen, weil sie vor der nächsten Wahl nichts mehr entscheiden will. Dabei wäre eine Rentenreform via Steuersubvention langfristig sogar die billigere Variante als die Rentenstütze vom Jobcenter.

    Das will bloß keiner von den Regierenden wahrhaben.

  • N
    noordwijk

    1000€ grundrente sind das minimum.frau von der leyen sie sollten einmal versuchen schon jetzt damit zu leben.viel spaß!

  • RS
    Reinhold Schramm

    Eine notwendige Anmerkung.

     

    A) Notwendig wäre eine auskömmliche gesetzliche Grundsicherung und zusätzlich, ab 30-Vollzeitarbeitsjahren bzw. 20-Vollzeitjahre für Mütter etc., die erworbene Altersrente aus dem Niedriglohnbereich (zusammen max. mtl. Netto 1.300 Euro).

     

    B) Nach den Berechnungen aus dem Sozialministerium droht, - auch nach 35-Vollzeitarbeitsjahren und einem durchschnittlichen Brutto-Monatslohn von 2.500 Euro -, rund 35 Prozent der Erwerbsbevölkerung die Altersarmut. Demnach wäre ein gesetzlicher Brutto-"Mindestlohn" ab 16-Euro-Std. (aufwärts) bereits überfällig!

     

    C) Nur rund 10 Prozent aller Sozialversicherungspflichtigen erreichen in Vollzeitarbeit die heutige Altersrente mit 65 Lebensjahren. Auch bei einer steigenden Lebenserwartung (Vollzeit-Erwerbstätige?*) dürfte nur eine Minderheit (!) das 65 Lebensjahr in Vollzeitarbeit erreichen. Jede Beibehaltung der "Rente mit 67" ist für die Mehrheit der lohnabhängigen Erwerbsbevölkerung eine massive Rentenkürzung (und Verkürzung der Lebenserwartung* s.o.). Aufgrund der Fakten bedarf es einer Neuregelung der Altersrente mit Anspruch ab dem 60 Lebensjahr.

     

    Unter Einbeziehung der realen Produktivkraftentwicklung und Mehrwertschöpfung (beim bundesdeutschen und europäischen Wirtschafts- und Exportweltmeister), einschließlich der Beamtenschaft, der Selbständigen und Unternehmer etc., wäre eine Umsetzung (A+B+C) möglich, - damit zugleich eine moderne und tatsächliche (Sozial)Reform in Deutschland.

  • C
    Celsus

    Da soll es also maximal 80 Euro mehr geben und ich frage mich, wie hoch die Beiträge vorher sein sollen. Es ist doch der glatte Missbrauch, wenn dann viel Geld in die privaten Versicherungen fließt udn wenig wieder für Betroffene draus hervorquellt.

     

    Um es knapp zu sagen. Schon wieder so ein Gesetz,das nciht halten kann, was es verspricht und nach meinem Dafrhalten dann hart an der Kante der Verfassungswidrigkeit gestrickt wird. Ein Gesetz, mit dem viel vorgegaukelt wird und dessen voraussichtliche Regelungen nur die Bereicherung der privaten Versicherungswirtschaft sicher macht.

     

    Und ich erinnere mich, dass höhere Beiträge in der Rentenversicherung unerwünscht waren und als unzumutbar gelten. Die Ärmsten haben ja nichts! Und kaum soll es in den Taschen privater Unternehmer landen, die das Gesetz beratend begleiten werden, wurde wieder hinreichend Geld gefunden?

     

    Politiker sind oft Menschen, die anderen oft den größten Unsinn geschickt einreden können.

  • RC
    robin c. sherwood

    Hat schon mal jemand ausgerechnet, auf wieviele Menschen das überhaupt zutrifft? Das liest sich ja wie das Kleingedruckte einer Versicherungspolice..