englisch, deutsch etc.
: So it can not go

■ Streit um die Übersetzung von Norfolks „Lemprière's Wörterbuch“ in München

In München wurde eine weitere Schlacht im Übersetzerkrieg um den Roman „Lemprière's Wörterbuch“ von Lawrence Norfolk geschlagen. „Jolly good, wasn't it?“ mögen viele nach dieser herrlichen Kulturklopperei ausgerufen haben.

Zu einer neuen Runde im Streit um Hanswilhelm Haefs' „Wörterbuch“-Übersetzung hatte das Kulturreferat in die Black Box des Gasteigs geladen. In der linken Ecke: Burkhart Kroeber, Eco-Übersetzer und Mitverfasser des „So geht's nicht“ – eines offenen Briefes von 11 literarischen ÜbersetzerInnen an den Albrecht Knaus Verlag (Bertelsmann) – sowie, bescheiden und sachlich, der Münchner Anglist Klaus Bartenschlager. In der rechten Ecke: unsicher und etwas weinerlich Karl Heinz Bittel, der Lektor der Übersetzung sowie der um so aufgeblähter wirkende SZ-Redakteur Klaus Podak. Der hatte dem Paderborner Literaturprofessor Friedmar Apel Ende Januar in der SZ eine Seite eingeräumt, auf der sich Apel über die „guten Übersetzer“ mockierte und allerlei Historisch-Konzeptionelles über die Übersetzung als solche ausbreitete. Den offenen Brief und kritische Leserbriefe zum Thema hatte Podak nicht abgedruckt. Ringrichter war Hanser-Lektor Christoph Buchwald. Motto: Gerechtigkeit wird getan werden (Justice will be done). Schnell war die Stimmung auf dem Siedepunkt. Fast schien es, als sei „der Geruch von Brennen (...) überall“ (the smell of burning was everywhere). „Aber die Fürchte (..) waren grundlos“ (But the [..] fears were groundless). Sicher, da saß manch filziger Schuft (filthy scamp) im Publikum – die Bertelsmann-Knaus-Bande hatte angeblich 80 Plätze reserviert. Und sicher kreisten Verdächte langsam (suspicions circled slowly), vor allem hinsichtlich der Motive, die noch zu verdächtigen waren (motives yet to be suspected). Podak war mal bei Bertelsmann, da wollte einer schon eine Amigo-Connection wittern. Doch bald wurde klar: niemand griff nach dem Hauptpunkt (grasped the point). Kroeber fuchtelte mit einem Warnfinger in der Luft umher (waving an admonitory digit in the air) angesichts dieses „jämmerlich gescheiterten Versuchs einer Übersetzung“, aber Podak hatte daran keinen Anteil (was having none of it). Er lehnte es ab, sich auf die wortreich vorgetragene Blütenlese einzulassen. Da war keine Antwort (there was no reply). Schnell wurde er so der vorsitzende Schwindelmann (the presiding bogeyman). Aber irgendwo in all diesem war irgendwas falsch. (Somewhere in all this, something was wrong).

Schnell wurde auch klar, daß es in Haefs' Übersetzung nur so von Schrägheiten wimmelt. Und auch von Fehlern – selbst wenn Podak und der ihm aus der ersten Reihe schwarzgelockt sekundierende Apel höchstens fünf Prozent aus der 13seitigen Blütenlese der Übersetzer als wirkliche Klöpse gelten lassen wollen.

Dennoch stellte sich nach dem vielen Wortgetöse von beiden Seiten der zarte Verdacht ein, da würde mit Oberlehrerkanonen auf ein schräges Spätzlein geschossen, das vielleicht irgendwo in einem Dichterkämmerlein sitzt und sich noch schräger lacht, angesichts all dieser Aufgeregtheit und Aufplusterei – übrigens vor allem bei seinen Verteidigern. Denn ohne Schleiermacher, Schlegel und einen gehörigen Schuß Erkenntnistheorie wollten gerade Podak and friends nicht auskommen, wenn sie schon in der Frage des „späten“ Alexandria nicht vorbereitet waren (unprepared for a latterday Alexandria).

Trotzdem, die Kunst der guten Übersetzung ist nicht in Gefahr, weil einer mal im Wörterbuch lemprijätet oder sonstwelche Faxen damit macht. Die „Punktübersetzung“ von Haefs riecht eher nach einer überdimensionalen 700 Seiten dicken Titanic-Aktion. Mit beträchtlichem Lehrwert freilich, denn so fetzig wurde schon lange nicht mehr um Fragen wie Wirkungsäquivalenz, Partizipialkonstruktionen und das blöde would in allen seine Facetten gestritten. Und Haefs kann sich in jedem Fall – ob er nun englisch (oder deutsch, for that matter) kann oder nicht – über die 150.000 verkauften Exemplare freuen. Gerechterweise aber sollte der dicke Verlagsleiter aus der ersten Reihe, der sich die ganze Zeit wie der Chef aufmandelte, Haefs zusammen mit Lawrence Norfolk als Autor auf den Titel setzen.

Autor Norfolk saß übrigens – im Gegensatz zu seinem Übersetzer – in der Black Box, die Zunge allerdings wie festgebunden (tongue-tied). Vielleicht, weil er nur rudimentär deutsch spricht. Im privaten Gespräch erzählte er hinterher, daß er voll hinter Haefs stehe. „Ich habe vier Jahre an dem Buch gearbeitet, drei Jahre für die englische und ein Jahr für die deutsche Fassung.“

In einem Jahr kann man (auf englisch) einiges (deutsche) besprechen. Da kreisen doch die Verdächte, daß die beiden zusammen ganz bewußt eine (gewinnträchtige) Provokation ausgeheckt haben. Vorschlag zur Güte: Vielleicht übersetzen die elf guten Übersetzer ein paar der tollsten howlers von Haefs ins Englische werkgetreu zurück. Da würde dann etwa aus „Her expression is violent?“ he queried, „very violent...“ ein „Is her expression like violated?“ asked he. „Very violated...“ Ob sich Norfolk dann nicht doch noch wundern würde, wie Haefs seine Ausdrücke vergewaltigt hat? Um nicht zu sagen „sehr vergewaltigt“. Thomas Pampuch