■ Seehofer löst das Bundesgesundheitsamt auf
: Small is beautiful

Wenn eine Elefantenherde zu groß wird, teilt sie sich. Im Falle des Bundesgesundheitsamtes kam die Teilung weder instinktiv noch freiwillig, sondern mit einem großen Schlag aus Bonn. Nur eine Woche nachdem Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer BGA-Chef Großklaus mit samt dem Bonner Aufsichtsbeamten Steinbach aus dem Amt gejagt hat, folgt der nächste Paukenschlag: Seehofer löst das Bundesgesundheitsamt in sechs selbständige Institute auf, die direkt der Fachaufsicht seines Bonner Ministeriums unterstellt werden. Wir sehen: Mit dem Manne ist nicht zu spaßen. Seehofer geht in die vollen und bleibt nicht bei Kosmetik stehen. Der CSU-Minister zeigt sich erneut entscheidungsfreudig, schnell und rigoros.

Die angestrebte Auflösung des Bundesgesundheitsamtes könnte der Anfang einer sinnvollen Reform sein. Small is beautiful: Schon lange hatten Kritiker wie der Berliner Ärztekammer-Präsident Ellis Huber moniert, daß die unüberschaubare Berliner Mammutbehörde nicht mehr sinnvoll geführt werden kann. Die jetzt geplante Neuorganisation könnte tatsächlich mehr Transparenz bringen und Bürokratie abbauen.

Die vorgeschlagene äußere Reform muß allerdings mit einer inneren korrespondieren, wenn sie gelingen soll. Dazu gehört ein kategorisches Verbot für alle Beraterverträge mit der Industrie; die Beamtengehälter sind durchaus großzügig bemessen. Dazu gehört aber auch eine neue Zieldefinition, um die fehlgeleitete Identität des Amtes zu korrigieren. Wenn sich die Supervisionäre des Gesundheitssystems bisher als „Partner der Industrie“ verstanden, dann steckt dahinter ein Selbstverständnis, das schleunigst durch eine Partnerschaft mit dem umwelt- und gesundheitsbewußten Bürger ersetzt werden muß. Die Interessen dieses Bürgers könnten durch die Einrichtung eines Beirats wirkungsvoll institutionalisiert werden.

Die Reorganisation des BGA muß nicht nur der Behörde, sondern auch der Arbeitsmotivation jedes einzelnen Gesundheitsbeamten aufhelfen und damit Klima und Geist verändern. Im BGA sitzen trotz seines katastrophalen Rufs nicht nur Idioten, Mauschler und Knechte der Industrie, sondern auch hervorragende Kräfte. Sie haben bisher unter den Skandalen gelitten, wenn wieder mal das BGA in die Schlagzeilen geraten war. Auch hier kann die neue Aufteilung nur helfen.

So richtig die jetzt angeschobene Reform ist, so wenig darf sie mit einem Machtverlust für die Repräsentanten der Gesundheit enden. Die Auflösung des BGA darf keine Strafaktion und keine Amputation des Amtes sein. Im Gegenteil: Es muß sichergestellt werden, daß die sechs Einzelinstitute mindestens ebensoviel Einfluß behalten wie das alte BGA als zentrale Instanz. Die Bundesrepublik braucht eine tüchtige und schlagkräftige Institution, die ein kritisches Auge auf Gen-Klempner und Pharmakonzerne, Ärzte und Industrie wirft. Sechs Hilfssheriffs könnten dabei durchaus wirkungsvoller sein als ein großer Marschall. Manfred Kriener