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SkaterlärmKein Kunstwerk für alle

Heiko Zahlmann wollte eine Skulptur für alle schaffen. Weil sie aber Skater lockte und Anwohner vergrätzte, hat der Bezirk eigenmächtig Skaterstopper montiert.

Durchs Skaten schon mächtig abgenutzt: Heiko Zahlmanns Betonkunstwerk am Karolinenplatz. Bild: Heiko Zahlmann

"Der Lärm der Skater ist unerträglich. Von mir aus kann da Stacheldraht drauf." Was Jürgen Richter, Gitarrenbauer am Karolinenplatz, so erregt, ist ein an sich unauffälliger Betonquader-Haufen vor seiner Tür. Die begehbare Skulptur, vom Hamburger Künstler Heiko Zahlmann geschaffen, ziert den Platz, der vor zwei Jahren an die Stelle der vierspurigen Karolinenstraße trat. Die Arbeit ist ein Auftragswerk der Stadt Hamburg.

Ein idealer Trainingsplatz, befand indes die lokale Skater-Szene und nahm die Quader in Besitz. Gewohnt geräuschvoll, natürlich. Die Folge: Anwohner und Geschäftsleute beschwerten sich. Ende Oktober schritt die Verwaltung ein und ließ so genannte Skaterstopper auf der Skulptur anbringen: kleine, scharfkantige Stahl-Quader. Außerdem wurden die Kanten des Betons abgeschliffen.

Dieser Eingriff "entspricht nun natürlich nicht mehr meiner eigentlichen Idee", sagt der Künstler. Denn die Betonquader stellen - natürlich stilisiert - die Ziffern "20357" dar: die Postleitzahl des Karo-Viertels. Das Motiv zieht sich konsequent durch das Werk Heiko Zahlmanns. Der Graffiti- und Installationskünstler hat seine Postleitzahl bereits in verschiedenen Varianten gemalt und gebaut. Und so, wie die Postleitzahl den gemeinsamen Nenner des Quartiers darstelle, sollte die uneingeschränkte Nutzbarkeit seiner Skulptur der "kleinste gemeinsame Nenner" der Leute im Viertel sein, sagt der Künstler. "Ich wollte an diesem Platz alle Facetten des Lebens in diesem Viertel zusammenbringen. Es sollte eine Skulptur für alle sein." Durch die Skaterstopper werde das jetzt verhindert und eine bestimmte Gruppe ausgeschlossen.

Dass sein Kunstwerk nur eingeschränkt funktioniert, sprich: dass der Beton binnen eines Jahres bereits bereits stark beschädigt worden sei, räumt er allerdings auf Nachfrage ein. Er habe deshalb mit der Stadt darüber verhandelt, ob man die Skulptur durch Stahlkanten verstärken könne.

Gitarrenbauer Jürgen Richter vom Karolinenplatz hätte das eher kontraproduktiv gefunden: Gerade die Kanten - von den Skatern gern als Sprungschanze genutzt - seien die größte Lärmquelle. Abgesehen davon locke die Skulptur nicht nur einheimische Skater: Kürzlich, sagt Richter, sei ein Bus aus Dänemark vorgefahren und habe sechs Skater sowie vier Lichtschranken und Kameras abgeladen, sagt Richter. Zahlmanns Skulptur drohte zum Anziehungspunkt des internationalen Skater-Tourismus zu werden.

Dabei sei die Skulptur für Skater an sich relativ uninteressant, sagt Axel Maier, der seit über 20 Jahren Skateboard fährt. "Aber der Platz ist einfach sehr gut geeignet, um sich zu treffen", sagt er. Es gebe in Hamburg nur wenige solche Plätze. Am Jungfernstieg zum Beispiel würden Skater von der Polizei verscheucht. Und auch das - explizit partizipatorisch von Künstlern und Einwohnern gemeinsam konzipierte - Park Fiction-Areal am Pinnasberg habe Skaterstopper. Außerdem findet der Skater, dass St.-Pauli-Bewohner mit derlei Lärm eben leben müssen. Im übrigen würden ja auch keine "Autostopper" gegen den Straßenlärm angebracht.

"Wir sind nicht grundsätzlich gegen Skater", sagt indes Michael Osterburg, Fraktionsvorsitzender der GAL in Hamburg-Mitte und Vorsitzender des Ausschusses für das Management des öffentlichen Raumes. Immerhin verhinderten die Skater, dass Autos auf dem Karolinenplatz parkten. "Wäre es nach mir gegangen", sagt Osterburg, "wären da schon viel früher Stahlkanten angebracht worden. Außerdem hätte man sich auf bestimmte Zeitfenster einigen können, während derer die Skater den Platz nutzen können."

Ob es allerdings legitim gewesen sei, die Skaterstopper ohne Zustimmung des Künstlers anzubringen, wisse er nicht genau. Weder der Bezirk noch der Künstler wollen es allerdings auf einen Rechtsstreit ankommen lassen. Beide setzten auf eine Lösung im persönlichen Dialog. Der ist für kommende Woche geplant.

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4 Kommentare

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  • D
    Dino

    Die Leute, die finden,dass der Spot Skate-Stopper bekommen sollte, sollten echt mal zu den Skatern gehen und einen Tag mit ihnen dort verbringen.

    Das sind echt super nette Leute, die einen mit offenen Armen empfangen und mit denen man gute Gespräche führen kann und einfach Spaß hat!

    Und wie bereits gesagt wurde, man muss einfach mal miterleben,wie sich die Leute freuen,wenn ein guter Trick gestanden wurde.Jeder freut sich für die Person und danach wird halt mal in der Stadt ein Bierchen getrunken zusammen ;)

    Ich finde,die Skater dort sind eine super Sache und sehr gut mitanzusehen!

    AUßERDEM: Wen interessiert der Lärm? Durch LKWs und andere Dinge entsteht doppelt so viel Lärm und keiner unternimmt etwas!Jeder versucht hier doch eigentlich nur, gegen die anderen zu konterquerieren,anstatt Kompromisse zu finden!

    Man sollte einfach n Schild hinstellen, mit FAIREN Öffnungszeiten&Alkoholverbotschild und dann passt die Geschichte!

    Die Anwohner sollen nicht so rumpussen,es gibt echt schlimmeres als einen kleinen Skater,der seinen Spaß hat!

    Und wieso sollte man dort keine Fotos machen? Ist doch super Werbung für Hamburg,wenn mal jemand dadurch bekannt wird!

    Dadurch fließt mehr Geld in die Kassen durch Tourismus!

    Denkt mal nicht so verklemmt, Skater sind im Normalfall super Leute!

  • NS
    Noch so eine Tussi aufm Bord

    So ich will hier auch mal was sagen es ist echt unglaublich wie oft man doch überall verscheucht wird.

    Als wenn man was schlimmes getan hätt.

    HALLO die Kids fahren drausen an der frischen luft und kommen dabei noch ins schwitzen...´man, man ,man ich weiß ja auch net aber der Platz ist halt schöner treffpunkt für die, die noch lernen wollen und für die ,die schon können !!!

    Also für alle halt.

    Ich würde den Anwohnern raten einfach einmal ins Gesicht eines Skaters zu schauen wenn er endlich seinen Tick in der Tasche hatt..egal ob groß oder klein ich glaube dann würden so einige mal was verstehen..nämlich das Skatborden Freude Glück und Felling ist.

    Leider sehen das sooo wenige Menschen und sind einfach so von der Geselschaft zugedröhnt das sie nicht wirklich sich mit dingen wie mal einfach nett mit den Skatern reden evt. ein Kaffe zusammen schlürfen um einfach verstehen wollen wieso, weshalb, warum...sich zu beschäftigen....schade, schade , schade

    Dabei wächst die Skatefamilie stettig an und der nächste Sommer schwabt bestimmt über vor kleinen und großen skatewütigen ;-)

    Somit heißt das Motto doch Miteinander !!!

    Zu laut in der Stadt ??? Ja klar doch !!!

  • EH
    ein hamburger rollbrettfahrer

    unglaublich oder, dass der spot eventuell international bekannt werden könnte und am ende noch leute aus dem ausland nach hamburg kommen um u.a. diesen platz zu skaten? nach hamburg, die große sportstadt wie sie sich nennt....ja ich finde auch, das wäre eine katastrophe. sollte dies weiterhin der fall sein wäre ich für ein rückstandsloses unskatebar machen, damit sowas auf keinen fall stattfinden kann!!! internationale sportler die in die sportstadt hamburg kommen um ihren ( im jahr 2012 olympisch werdenden ) sport auszuüben, sollte man mit allen mitteln daran hindern! Es darf auf keinen fall dazu kommen, dass an einem platz, an dessen stelle früher eine straße war und der nun gelegen ist an der kreuzung zweier vier spuriger straßen, lärm entsteht.

     

    ich muss auch jedes mal fast anfangen zu weinen, wenn ich einen hamburger skate-spot, die red banks ( ich schreibe hier bewusst nur einen namen hin, mit dem nur der skateboard-fahrende etwas anfangen kann ) in europäischen oder amerikanischen skateboard- magazinen sehe und feststellen muss, dass viele internationale amateure oder professionelle im bereich skateboarding bewusst den weg nach hamburg suchen, um diesen spot fahren zu können und dort foto- oder filmmaterial sammeln, welches dann von menschen in aller welt gesehen wird.

    ich frage mich, kann man dies nicht auch verhindern? im keim ersticken? kinder, jugendliche und erwachsene an der ausübung ihres sports hindern? überall skate-stopper hin? oder gar stacheldraht? (-> wie wäre es denn mit selbst-schussanlagen oder landminen herr richter?) wo kommen wir denn da hin wenn das so weiter geht? tourismus nach hamburg? menschen die hierher kommen und visuell- festgehaltenes in die welt hinaus tragen und damit hamburg in dieser sportsparte bekannt machen? schrecklich!

     

    Ich würde mich in grund und boden schämen, wenn ich ernsthaft eine solche meinung vertreten würde.

    weiter noch, kinder und jugendliche in ihrem sportdrang durch stacheldraht zu zämen, wie herr richter, gitarrenbauer am karolinenplatz, laut diesem artikel fordert, ist derart unfassbar und unverständlich, dass mir dazu einfach nur die worte fehlen.

    wie kann man allen ernstes eine solche äusserung in der öffentlichkeit tätigen?

     

    alles in allem ist diese aktion ein armutszeugnis für die hansestadt hamburg, die wieder einmal gezeigt hat, dass sie den namen sportstadt anscheinend nicht verdient. es ist ein weiterer beweis für die unfähigkeit von menschen in unterschiedlichen positionen, eine lösung im sinne aller zu finden - für sie ein fremdwort mit sieben buchstaben? konsens!

  • S
    Schorsch

    Wie in diesem konkreten Fall mit uns Skatern umgegangen wurde ist mehr als unfair. Es gab Anhörungen und Gespräche mit den offiziellen. Die Anwohner waren bis auf ausnahmen sehr angetan von der Belebung des Platzes. Wir Skater waren bereit uns an Skatezeiten zu halten, von offizieller Seite wurde signalisiert, man könne Kanten verstärkt um das Terrain zu schonen. Es war eine EINIGUNG möglich! Dann kam ein Zaun dann die Skatestopper.....

    Wie war das noch mit der Partizipation von Jugendlichen und Kindern, was ihre Belange angeht? Vollmundig und mit viel Hochglanz propagiert...und abgehakt...

    Erst Fragen und dann Ignorieren ist unverschämt und trägt sicher nicht zum politischen Engagement von Jugendlichen bei.

    Und gab es da nicht ein Versprechen ZENTRALE Ausweichflächen für den für uns gesperrten Jungfernstieg zu schaffen? Wir haben noch einen gut bei euch, das war so abgemacht!!!

     

    Ein Bus aus Dänemark.....NA UND??? Versucht die Stadt nicht jedes Wochenende mit großangelegten Kampagnen jedes nur erdenkliche Volk zum Knackwurst und Bierkonsum oder Glühwein und widerlichen Spermaschnäpschen in die Stadt zu locken? ...Und jetzt wird sich hier über EINEN Bus aus Dänemark aufgeregt.

    HALLOO! Das sind die die ihr haben wollt! Keine Komasäufer sondern Jungs und Mädels die auf kreative Art und Weise bei körperlicher Ertüchtigung ihre Freizeit verbringen!

    Denkt mal drüber nach!