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Sinneswandel bei Senator Hajen?

■ Asta wegen Streichorgie frustriert / Uni und Behörde feilschen

„Wir haben gestreikt, wir haben demonstriert, wir haben Unterschriften gesammelt, es hat alles nichts genützt“. Frustriert zeigten sich gestern die Asta-Vorsitzenden Katja Werheid und Olaf Greve, als sie vor Journalisten abermals auf die Zerstörungskraft der Uni-Sparmaßnahmen hinwiesen. Fest steht: Wissenschaftssenator Leo Hajen besteht auf der Streichung von 60 Professorenstellen und hat der Uni vor zehn Tagen eine Liste zugesandt, die zahlreiche C4-Professuren und sogar die Rücknahme von Berufungen einschließt.

Olaf Greve nahm gestern Hajens Begleitschreiben zum Anlaß, um seinen Unmut erneut kundzutun. Da werde in einem Nebensatz mitgeteilt, daß die laut Strukturentwicklungskonzept (Steko) vorgesehene Million zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses 1995 entfalle, das vielgepriesene Steko somit tot ist. Auch werde in einem „Musterbeispiel für Suggestion von Schuld“ so getan, als wolle die Universität mutwillig nicht sparen. Der Senator, so die Unterstellung Greves, wolle wohl „egal wie zwei Jahre im Amt bleiben, um Pensionsansprüche zu sichern.“

Doch auch von Unileitung und Professoren zeigte der Asta sich gestern enttäuscht. Die Position der Profs, die Uni könne ruhig verkleinert werden, wenn dafür mehr Zeit bliebe, leuchtet dem Asta solange nicht ein, „wie immer noch zwei Drittel aller Studienbewerber abgelehnt werden“. Selbst der beste Abiturient der BRD, so Greve, habe derzeit keine Chance, als Nichthamburger in Hamburg einen Studienplatz für Wirtschaftswissenschaften zu bekommen.

Nach Informationen des Asta hat die Uni in einem Brief an die Wissenschaftsbehörde den 60 Streichungen unter der Voraussetzung zugestimmt, daß viele C4-Professuren durch Beförderung von C3-Professoren gerettet würden. Uni-Sprecher Lippert wollte sich gestern dazu nicht äußern. Auch Hajen-Sprecher Janssen blieb vor dem für morgen geplanten Gespräch zwischen Hajen und Uni-Präsident Jürgen Lüthje stumm.

Aber selbst wenn beide Seiten einig werden – das Problem wird künftig noch größer: Für 9 bis 10 Millionen Mark, so die Senatsvorgabe, müßten die Hochschulen in den Jahren 96 und 97 Stellen streichen. In einem über dpa bekannt gewordenen Brief an Finanzsenator Ortwin Runde schlug Hajen deshalb ungewohnt forsche Töne an: Die Sparauflagen würden von 1995 an „zu nicht mehr tolerierbaren Folgen“ für Lehre und Forschung führen. Es sei nicht auszuschließen, daß seine Behörde die Streichungen nur dann erfüllen könne, wenn sie das Hochschulgesetz verletze und über den Abbau von Pflichtlehrangeboten zu einer Studienzeitverlängerung beitrage. Der Mann weiß, was er tut. kaj

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