: Singende Yoghurette
■ Heather Nova, die Hoffnung des Folkrock, begeisterte die Fans im „Modernes“: glasklare Stimme, locker-leichte Arrangements
Derzeit grinst die junge Songwriterin ja bunt aus allen Stadtmagazinen. Der Yoghurette nicht unähnlich, wird Heather Nova als etwas Neues, irgendwie Leichtes angespriesen, obwohl Folkrock an sich genauso wenig originell ist wie Schokolade.
Erwartungsgemäß war das „Modernes“ beim ersten Nova-Auftritt in Bremen rappelvoll. Und erwartungsvoll fieberte das Publikum dem ersten Ton entgegen. Doch zunächst gab es nichts Locker-Leichtes, sondern eines jener pseudo-athmosphärischen Gewitter-Intros vom Band, die dem Popublikum wohl die Bedeutung des Events eintrichtern sollen. Dann endlich betrat Heather Nova, ein winziger Punkt hinter einer gewaltigen Akustik-Gitarre, samt vierköpfiger Band die Bühne. Die Optik ließ Kitsch befüchten: Madame war getaucht in Violett, die Musikanten von unten angeleuchtet, so daß deren Schatten erhaben über die aufgespannten Leinwände waberten.
Dann aber holte Nova Luft und begann zu singen. Hält sie oder hält sie nicht? Daß die Stimme der entscheidende Faktor sein würde, war von vorne herein klar. Schließlich war schon das erste Lebenszeichen der jungen Songschreiberin von den Bahamas überhaupt ein gelungenes Live-Album gewesen. Also keine Bange: Sie hielt.
Glasklar traf Heather Nova jeden Ton, fesselte vom ersten Moment an ihr Publikum. Mit selten gehörter Perfektion trug sie die Stücke ihresAlbums „Oyster“ vor. Wer die Augen schloß, konnte meinen, vor dem CD-Spieler zu sitzen, wenn nicht nebenher Rascheln und Atmen daran erinnert hätte, daß dieses Stimmwunder lebendig ist. So hatte die Perfektion nichts Kaltes.
Novas Songwriting ist zwar konventionell. Andere Akkorde als im kleinen Einmaleins der Folkmusik fallen ihr , auch nicht ein. Höchstens mal ein C-6, wo Dylan seinerzeit ein schlichtes C genügte. Erst ihre autodidaktisch trainierte Art, ungewöhnliche Sangeslinien entlang der Akkordfolgen zu spinnen, verleiht den Liedern Vitalität.Wahre Größe gewinnen die Stücke aber, wenn Novas Begleiter den Rollentausch zelebrieren: Wo sonst die Gitarre das Arrangement trägt, summt hier herzig ein Cello, während die Sechssaitige pointiert die Akzente setzt, die sonst Keyboard oder Streichern vorbehalten sind.
Richtig spannend wurde es, als der Sängerin bei einem ihrer markanten A-capella-Songs die Stimmbänder dann doch stockten und ein Bibbern begann, ob sie den hohen Standard über ein ganzes Konzert lang halten könnte. Tapfer und elegant kämpfte sich Heather Nova aber durch den Set, der mit sanften, akustischen Versionen ihrer bekannteren Hits endete. Wirklich ein Konzert wie eine Yoghurette: locker und leicht, und trotz der dick aufgetragenen Werbung ganz schön lecker. L.R.
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