Sind Sie beschäftigt?: „Kopf in den Sand stecken geht nicht“
■ Harry Strutzberg arbeitet als Verputzer. Für ihn ist es wichtig, was er für einen Job macht. Er würde aber gerne mal ausprobieren, wie lange er es ohne eine Erwerbsarbeit aushalten würde.
Nur vier von zehn BerlinerInnen gehen einer Erwerbsarbeit nach. Die taz fragt deshalb täglich die Menschen in der Stadt: „Sind Sie beschäftigt?“
Der 44jährige Harry Strutzberg: Ja, ich hab 'ne Arbeit, ich bin Verputzer in einem kleinen Betrieb. Von vielen Leuten hört man, daß sie froh sind, daß sie überhaupt eine Arbeit haben. Aber für mich persönlich ist es wichtig, was ich mache. Mir macht meine Arbeit Spaß. Wenn es denn mal zu Ende gehen würde, würde ich wahrscheinlich auch was anderes machen, um überhaupt Arbeit zu haben. Seit 1979, seit ich im Osten ausgelernt habe, mache ich meine Arbeit.
Körperlich ist das jetzt leichter geworden. Ich glaube, jeder macht sich Gedanken darüber, wie es ohne Arbeit weitergehen würde. Ich persönlich denke, daß man immer irgendwo unterkommen kann, obwohl es ja nun zur Zeit gerade schwierig ist auf dem Bau. Wir mußten durch Betriebspleiten auch schon mal wechseln, aber das ist ein Gedanke, an den muß man sich gewöhnen. Früher war ich bei Maculan, der pleite gegangen ist, danach bei kleineren Buden, die auch pleite gegangen sind. Aber na ja, man gewöhnt sich dran.
Es ist eine Einstellungssache. Irgendwie muß es weitergehen. Ich bin selber noch nicht in der konkreten Situation gewesen und war noch nicht länger arbeitslos. Wenn man nicht selbst betroffen ist, denkt man wahrscheinlich anders darüber. Im Bekannten- und Verwandtenkreis habe ich schon Leute, die damit zu kämpfen haben. Ich bin zuversichtlich. Was bleibt denn anderes übrig? Den Kopf in den Sand stecken geht nicht. Ich bin optimistisch. Wenn man selber Arbeit hat, sagt es sich einfach, die anderen müssen sich eben zusammenreißen. Der Mensch braucht Arbeit. Aber ich würde es auch gerne mal ohne probieren, wie lange ich es aushalten würde. Ich würde wahrscheinlich reisen. Australien war schon immer mein Traumziel. Barbara Bollwahn
wird fortgesetzt
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