Sind Sie beschäftigt?: „Ich habe keinen Job, aber genug Arbeit“
■ Olaf Zigalsky ist beschäftigt, eben weil er arbeitslos ist. Er engagiert sich in einer Erwerbsloseninitiative und macht mobil zum heutigen 5. Aktionstag der Arbeitslosen
In Berlin gibt es 290.000 Arbeitslose, nur jeder vierte Einwohner lebt von Erwerbsarbeit. Doch auch wer keinen Arbeitgeber hat, ist nicht ohne Arbeit. Die taz fragt deshalb: „Sind Sie beschäftigt?“
Der 48jährige Olaf Zigalsky: Ich bin als Gewerkschafter in einer Erwerbslosengruppe aktiv. Zur Zeit bin ich arbeitslos. Deswegen beschäftige ich mich ja damit. Ich bin schon seit vielen Jahren Gewerkschaftsmitglied. Als ich noch im öffentlichen Dienst als Archivar gearbeitet habe, bis vor vier Jahren, war ich auch schon in der Gewerkschaft engagiert. Schon mein Großvater war in der Gewerkschaft. Ich versuche nicht nur für mich, sondern auch etwas für die anderen Er
werbslosen zu tun. Wenn jeder dritte, vierte arbeitslos ist, muß man die Aktionsfreiräume nutzen, die es gibt. Deswegen machen wir mobil für die Arbeitslosenaktionstage.
Leider fällt es vielen Erwerbslosen schwer, sich zu motivieren. Viele fangen an zu trinken. Ich würde sicher auch trinken, wenn ich mich nicht so in der Initiative engagieren würde. So motiviere ich mich. Ich nutze meine freie Zeit auch, um mich weiterzubilden. Ich hab' ja keine Ahnung von Windows oder so.
Zum Glück bin ich ledig und habe keine Familie. Wenn ich meine Mutter nicht hätte, würde ich mit den 900 Mark Arbeitslosenhilfe, die ich jetzt habe, nicht über die Runden kommen. Es wurde ja so viel gestrichen, wie beispielsweise das BVG-Ticket für Arbeitslose oder Kultur- Ermäßigungen. Man braucht doch soziale Kontakte. Die Leute brauchen doch auch eine Lebensqualität! Oder auch die ganzen Kürzungen bei den Alten. Das mache ich auch noch privat nebenbei, alte Leute betreuen. Die kriegen ja auch so wenig Rente, da will ich doch kein Geld sehen. Gut, wenn sie mir einen Fünfer geben, bin ich auch dankbar.
Ich habe zwar keinen Job, aber Arbeit habe ich genug. Aber eben das Geld fehlt. Für diese Art von Arbeit müßte es ein festes Gehalt geben. Barbara Bollwahn
wird fortgesetzt
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