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Sieg des Rechts auf humanitäre Intervention

Mit der Verleihung des diesjährigen Friedensnobelpreises an „Ärzte ohne Grenzen“ dürfte deren Einfluss weiter wachsen. Schon jetzt stellt die Organisation einen bedeutenden Machtfaktor dar  ■   Aus Paris Dorothea Hahn

Nun also doch: Die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ hat den Friedensnobelpreis bekommen. Nach sieben Nominierungen für die Auszeichnung kam gestern die Vollzugsmeldung. Statt der Vereinten Nationen und des im US-Exil lebenden chinesischen Dissidenten Wie Jingsheng, die in diesem Jahr ebenfalls in der engeren Wahl waren, entschied sich das Stockholmer Komitee für die „french doctors“.

Die Entscheidung wurde in Paris, wo die Organisation vor knapp drei Jahrzehnten entstand, und im Kosovo, wo heute mit Bernard Kouchner einer ihrer Gründer UN-Präfekt ist, mit großer Freude aufgenommen. Kouchner selbst, der 1971 mit dabei war, als ein paar vom Pariser Mai 68 inspirierte Ärzte in Biafra in Opposition zu der Arbeit des Roten Kreuzes gingen und „Médecins sans frontières“ (MSF) gründeten, sah gestern in einer ersten Reaktion im französischen Fernsehen allerdings nicht besonders glücklich aus. Unter anderem verwies er auf die gewalttätigen Auseinandersetzungen auf der Brücke von Mitrovica und andere derartige Ereignisse im Kosovo. Gleichwohl bezeichnete Kouchner, der sich längst vom MSF getrennt und die konkurrierende Ärzteorganisation Médecins du Monde mitgegründet hat, den Preis als „verdient“ und nannte es „richtig“, dass er „vor Ende des 20. Jahrhunderts“ kam.

Auf dem Weg durch Hungerkatastrophen, Epidemien, Massenfluchten und Kriegsverstümmelungen wurde die Organisation selber zu einem Machtfaktor – politisch wie wirtschaftlich. Gegenwärtig ist sie in 80 Ländern präsent und verwaltet ein millionenschweres Jahresbudget, von dem 30 Prozent von staatlichen und suprastaatlichen Organisationen stammen. Den Rest machen Spenden aus, die seit dem Boom des Charity-Business in den 80er-Jahren kontinuierlich angestiegen sind. Allein in Deutschland lag das Spendenaufkommen 1998 bei 24 Millionen Mark. Inzwischen kann man sein Geld auf der Homepage der Organisation (www.paris. msf.org) per Mausklick loswerden, wo auch Informationen über Einsätze zu erhalten sind.

Zuletzt stieg MSF in die Osttimor-Hilfe ein (erste Hilfsgüter trafen dort am 1. Oktober ein). Aus Nordkorea hat sie sich im letzten Jahr zurückgezogen, nachdem ihre Helfer von dem Regime bei ihrer Arbeit behindert wurden. Auch in Afghanistan, Sierra Leone und dem Südsudan strich MSF die Segel, nachdem die humanitäre Arbeit von den jeweiligen Regimes und bewaffneten Gegnern unmöglich gemacht worden war.

Politisch wiegt das Wort der Organisation umso schwerer, je schwächer staatliche und suprastaatliche Institutionen werden. In manchen von Bürgerkriegen und Epidemien verwüsteten afrikanischen Ländern gehört die nur durch sich selbst und ihren moralischen Anspruch – das Recht auf „humanitäre Einmischung“ – legitimierte Organisation zu den wichtigsten Partnern der Behörden.

Während die Preisverleihung bekannt wurde, hielt MSF in Paris einen Kongress über den weltweiten Zugang zu Medikamenten ab. Dabei prangerte die Organisation an, dass die Pharmakonzerne ihre Forschung und Produktion auf Fettleibigkeit und Impotenz kaprizieren. Demgegenüber hätten Millionen Menschen keinerlei Zugang zu Medikamenten und würden an Aids und Malaria sterben.

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