: Sicherheit aus dem tiefen Berliner Sumpf
■ Polizeiprotokolle belasten Leiter des Sicherheitsdienstes auf dem Ku'damm / Beschuldigter: „Ich bin ein guter Junge“
Seit Juli sorgen die Männer des Wachschutzunternehmens CM (die Abkürzung steht für einen türkischen Namen) für jene Art von „Sicherheit“ auf dem Ku'damm, wie sie sich ihr Auftraggeber, die Arbeitsgemeinschaft City, wünscht: Hütchenspieler, illegale Händler und Bettler sind auf der Einkaufsmeile kaum noch zu sehen. Erst kürzlich lobte der Zusammenschluß der rund 160 Unternehmen in der Arbeitsgemeinschaft City die Uniformierten für ihre „hervorragenden Erfolge“.
Doch das Unternehmen, das sich seit dem 1. Januar dieses Jahres kurzerhand von CMM in CM umtaufte und noch bis Ende Februar bei der Arbeitsgemeinschaft City unter Vertrag steht, wird in Polizeikreisen mißtrauisch beäugt. Allen voran der CM-Sicherheitsleiter Ahmad M. ist seit einigen Jahren im Visier der Behörden. Interne Polizeiprotokolle, die der taz vorliegen, führen tief in den Sumpf der Berliner Unterwelt.
Der gebürtige Libanese, der mit medienwirksamen Auftritten in der Boulevardpresse sein lädiertes Image aufzupolieren versucht und in jüngster Vergangenheit auch als Bodyguard für Prominente wie Claudia Schiffer oder José Carreras arbeitete, hat eine bewegte Vergangenheit. Schon vor seiner Tätigkeit bei CM war er den Behörden als „Roheitstäter“ (Polizeiprotokoll) aufgefallen. Ein Polizeibericht vom 16. Januar 1992 beschreibt ihn als skrupellosen Schläger und „Rausschmeißer in Discotheken“, der seit Jahren für die Polizei in der Direktion 3 (City) „ein Problem“ darstelle. Nebenbei sei er auch „als Geldeintreiber und für Bestrafungsaktionen“ tätig gewesen. Gegen M. wurde in der Vergangenheit mehrfach ermittelt, unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, Nötigung, Erpressung und unerlaubten Waffenbesitzes. Resümee der Kripo in einem Protokoll vom 22. September 1992: Ahmad M. könne dem „Umfeld der gehobenen Kriminellen in Berlin“ zugerechnet werden.
Die Verstrickung mit der kriminellen Szene ist offenbar vielfältig: M. und seine Leute trainieren regelmäßig in der Kampfsportschule „Banzai“ in Charlottenburg. Einige der dortigen Angestellten gehören laut Polizeiakte zur Zuhälterszene in der Oranienburger Straße – ebenso der Betreiber des Etablissements, Winfried S. Dem derzeit in Haft einsitzenden Kampfsportleiter versuchte sich M. nach Erkenntnissen der Kripo als „Sicherheitsbeauftragter“ des damaligen „MD-Sicherheitsdienstes“ anzudienen, wie das Protokoll einer Besprechung in der Landespolizeidirektion vom Oktober 1992 vermerkt. Zugleich soll, so die Erkenntnisse der Beamten, ein Cousin von M. als Zuhälter in den „Bereich“ von S. an der Oranienburger eingedrungen sein.
Vor seinem Job bei CM hatte Ahmad M. zwischenzeitlich beim „Sicherheitsdienst MD“ gearbeitet, der hauptsächlich im Europa- Center tätig war. Lizenzträger der mittlerweile nicht mehr existierenden Ordnungstruppe, die von der Kripo von Anfang an aufmerksam beobachtet wurde, war ein Bruder von Ahmad M. Gegenüber der taz erklärte der Bruder, bis September 1992 Lizenzträger von MD gewesen zu sein. Wegen „Differenzen“ mit seinem Bruder Ahmad habe er sich jedoch schließlich aus dem Unternehmen zurückgezogen.
Der heute 29jährige Ahmad M. zeigte sich gegenüber der taz erbost. Ständig werde versucht, „meine Vergangenheit mit der jetzigen Firma in Zusammenhang zu bringen“. Die Polizei wolle ihn als Ausländer „mit alten Geschichten belasten“. Wahr sei, daß er in den achtziger Jahren zweimal wegen Nötigung und einmal wegen Körperverletzung rechtskräftig verurteilt wurde. M. hofft nach eigenen Angaben, im nächsten Jahr eine Genehmigung zur Ausübung eines Sicherheitsunternehmens zu bekommen – derzeit hält die Lizenz bei CM einer seiner deutschen Arbeitskollegen. Für die Erteilung der Lizenz ist neben der deutschen Staatsbürgerschaft auch die Vorlage eines polizeilichen und behördlichen Führungszeugnisses notwendig. Den Antrag zur Einbürgerung habe er bereits gestellt. Ahmad M. zur taz: „Ich habe mit meiner Vergangenheit abgeschlossen und bin heute ein guter Junge.“ taz
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