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Archiv-Artikel

„Sichere Jobs gibt es nicht mehr“

Die neue „Studie zur regionalen Erwerbstätigkeit bis zum Jahre 2010“ zeigt: es gibt eine Kluft zwischen dem Ruhrgebiet und dem Rest des Landes. Volkswirt Bade von der Dortmunder Uni glaubt trotzdem an individuelle Chancen im Revier

taz: Ich bin jung und suche Arbeit – in welche Ruhrgebietsstadt sollte ich ziehen? Oder soll ich besser gleich nach Arnsberg oder Münster auswandern?Franz-Josef Bade: Selbst wenn die Veränderungsrate im Ruhrgebiet ungünstiger ist, gibt es auch hier attraktive Arbeitsplätze! Und die Größe des Ruhrgebiets spricht für seinen zukünftigen Arbeitsmarkt. Wichtiger sind die Aussichten des Einzelnen, seine Interessen und Qualifikationen, die allgemeine Entwicklung spielt nur eine geringe Rolle. Zudem sind andere Dinge wichtiger für die Wahl des Wohnortes: Viele Menschen wohnen zum Beispiel im Ruhrgebiet und arbeiten in Arnsberg – oder umgekehrt.

Aber welche Jobs kann ich denn in Zukunft hier noch finden?

Sichere Jobs wird es nicht mehr geben, vom Finanzbeamten einmal abgesehen. Selbst die Professoren-Stellen werden unsicher! Im Ruhrgebiet werden vor allem die „geringer wertigen“ Arbeitsplätze abgebaut, höher qualifizierte Jobs wird es nach wie vor geben. Das gilt aber auch für andere Regionen in Deutschland wie zum Beispiel München. „Lebenslanges Lernen“ ist zwar als Stichwort überstrapaziert, aber das nichts auf ewig ist, trifft hier besonders zu.

Wenn in den nächsten Jahren zehntausende Menschen aus dem Ruhrgebiet abwandern, werden dann nicht viele schöne Stellen frei?Und wenn die Arbeitsplätze schneller abhauen... Dass Leute abwandern ist nichts Neues, dadurch wird die Arbeitsmarktlage offensichtlich nicht besser. Zum einen wandert nur ein Teil ins Umland ab und arbeitet also weiter hier. Zum anderen haben Abwanderungen einen negativen Effekt auf die Gesamtwirtschaft und zerstören also Arbeitsplätze.Kann ich mich auf die Prognosen verlassen? In der letzten Studie wurde die Entwicklung in Ostdeutschland überschätzt, in München fiel sie besser aus als erwartet.Wer kann in die Zukunft schauen? Es ist wie bei einer gemischten Wetterlage; selbst wenn der Wetterfrosch „zeitweilig Sonnenschein“ vorhersagt, würde ich den Schirm mitnehmen, wenn ich nicht nass werden will. Für den Einzelnen sind die Prognosen wenig relevant, die persönlichen Chancen hängen immer noch vom Individuum ab.Ist das Ruhrgebiet die einzige Region im Westen, die auf Ost-Niveau dahindümpelt?Die Perspektiven des Ruhrgebiets insgesamt sind gar nicht so schlecht, Dortmund und Umgebung steht gar nicht so schlecht da. Vor allem aber in Duisburg, der Emscher-Lippe-Region, Wuppertal und Hagen sieht es nicht so günstig aus, sie verlieren 5 Prozent der Arbeitsplätze. Es gibt aber auch andere Problemregionen im Westen, wie Oberfranken und Saarbrücken.

INTERVIEW: ANNIKA JOERES