piwik no script img

Short Stories from AmericaSüdafrikaner für Nahost!

■ Kolonialismus, eine langsam, aber sicher aussterbende Kunst

Kuwait ist abgesagt, mehr oder weniger. Kein Krieg, jedenfalls nicht jetzt. Und abgesehen von ein paar tausend US-Soldaten ist im Irak alles normal. Wenn wir die Kurden außer acht lassen, die sich in ständigem Aufruhr befinden. Der Friedensprozeß im Nahen Osten geht weiter, falls Israel sich damit abfindet, daß früher in diesem Monat zwei Menschen in einem Restaurant in Jerusalem umgebracht wurden und ein israelischer Soldat entführt und ermordet wurde.

Haiti ist gelaufen, kein Krieg dieser Tage, fast. Nur daß das Militär immer noch Menschen verprügelt und die US-Armee auch noch da ist und zuschaut. Aber technisch gesehen ist das ja gar kein Krieg. Jedenfalls nicht soviel Krieg, daß den Militärs die Sorge um den Arbeitsplatz genommen würde. Ab und zu raunt Clinton immer noch etwas von Stützpunktschließungen, also wäre es wirklich kein Schaden, wenn es irgendwo einen Krieg gäbe. Bloß daß die Armee nicht überall hingehen will, wo gerade Krieg ist.

Es ist ein Jammer, weil diese Länder immer wieder in Wallung geraten, ohne je ihre Probleme zu lösen. Und warum? Weil es keine guten Kolonialisten mehr gibt. Es ist eine aussterbende Kunst. Sie nehmen die Dinge in die Hand und opfern manchmal Generationen ihrer Familien an geisttötende Bürokratien, nur um unterindustrialisierte Nationen auf den Weg zum Einkaufsmekka zu scheuchen. Großbritannien zum Beispiel übernahm die undankbare Aufgabe, seine ungehobelte amerikanische Kolonie zweihundert Jahre lang zu schleifen, bis die soweit war und sich industrialisierte. Gott sei Dank haben die 13 Staaten ihren Unabhängigkeitskrieg nicht schon früher angefangen. Das wäre ein schönes Durcheinander geworden.

Heute haben wir das Problem, daß viele Länder einfach zu früh unabhängig werden. Ich würde ja vorschlagen, daß wir die letzten Kolonialisten der Welt zu den Unruheherden schicken, damit Märkte, Ruhe, Ordnung und Eisenbahnzüge nach Plan laufen. Eine professionelle Spedition könnte sie überallhin befördern. Bonzen-Schleuder wäre kein schlechter Name. Vor allem die südafrikanischen Kolonialisten könnte man überall einsetzen. Sie sind gut ausgebildet, haben Erfahrung in ihrem Job und stehen kurz vor der Entlassung. Und ihre Fähigkeiten werden dringend gebraucht.

Für Haiti wären sie genau richtig, glaube ich. Dasselbe Klima, dieselbe Verteilung der Hautfarbe. Wenn sie die haitianische Wirtschaft nur halb so weit bringen wie die südafrikanische, dann haben sie ihre Pflicht getan. Im Nahen Osten wären die Südafrikaner auch nicht übel, denn dort gab es keine Stabilität mehr, seit die Briten 1948 mit ihren Kanonenbötchen abgezogen sind. Die Südafrikaner sind mit den Briten verwandt; warum sollten sie die Situation nicht bereinigen? Und in Nordirland wären sie auch am Platz. Sie haben die gleiche Sprache, von der Aussprache mal abgesehen, und den Schwung, um Irlands Wirtschaft auf Vordermann zu bringen. Die Briten hatten bloß ihre Kanonenbötchen.

Ich möchte das Experiment auch für Amerikas Innenstädte empfehlen. In den USA sind gerade drei Bücher herausgekommen, in denen behauptet wird, die Schwarzen seien den Weißen intellektuell unterlegen und pflanzten sich schneller fort. Die Bücher sind von dem Harvard-Professor Richard Herrnstein, zusammen mit Charles Murray vom Amerikanischen Unternehmer-Institut; von J. Philippe Rushton, Professor an der Universität von West- Ontario, und Seymour Itzkoff, Professor am Smith College. Diese Männer können sich nicht irren. Also schauen wir den Tatsachen ins Auge: die Situation ist für Südafrikaner wie geschaffen. Ich sage nur: Gebt ihnen eine Chance. Eins verwirrt mich allerdings ein bißchen: In diesen Büchern heißt es, die intellektuell unterlegenen Schwarzen steigerten ihre Geburtenrate, und deshalb verliere ein immer größerer Teil der Bevölkerung die Fähigkeit, Wirtschaft und Politik in die Hand zu nehmen. Aber in denselben Büchern heißt es auch, bei Intelligenztests schnitten die Juden besser ab als alle anderen Gruppen, und dennoch kommt niemand auf die Idee, deshalb sollten sie die Chose in die Hand nehmen. Woran könnte das nur liegen? Marcia Pally

Aus dem Amerikanischen

von Meinhard Büning

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen