Sensation in WM-Gruppe H: Schweiz schockt Spanien
Die letzte Partie des ersten WM-Spieltages bringt eine Sensation. Die Schweizer schlagen den Titelfavoriten Spanien nach großem Kampf mit 1:0 durch ein Tor von Fernandes.
BERLIN taz | Die letzte Partie des ersten Spieltages und endlich betrat auch der Titelfavorit Spanien den Platz. Auf Fernando Torres mussten sie dabei zunächst noch verzichten, dafür stand Andrés Iniesta vom FC Barcelona nach überstandener Verletzung in der Anfangsformation. Die von Ottmar Hitzfeld trainierten Schweizer mussten ihrerseits ohne ihren Kapitän und Rekordtorschützen Alexander Frei auskommen, für ihn rückte Eren Derdiyok von Bayer Leverkusen in die erste Elf.
Gerade einmal fünf Minuten waren gespielt im Moses-Mabhida-Stadion von Durban und schon waren beide Mannschaften angekommen im von Spanien regierten Tiki-Taka-Land. Die Iberer ließen den Ball laufen und zogen ihr Kurzpassspiel auf, flüssig lief der Ball durch das 4-1-4-1-System, in dem Xabi Alonso oder Busquets abwechselnd den Platz vor der Abwehr einnahmen und die anderen Mittelfeldspieler bei vielen Positionswechseln immer wieder in die Spitze zu David Villa stoßen.
Die Schweizer erwarteten ihren Gegner tief in der eigenen Hälfte, vor der Viererabwehrkette um Senderos und Grichting war ein Fünfer-Mittelfeld fast ausschließlich damit beschäftigt, die Selección vom Strafraum fern zu halten, nur Nkufo hielt sich in der Nähe der Mittellinie auf. Der Ballbesitz der Spanier war den Schweizern herzlich egal, sollten sie doch machen, war die Devise, nur keine Räume in Tornähe zulassen, einzig darum ging es der Nati.
Spanien - Schweiz 0:1 (0:0)
Spanien: Casillas - Sergio Ramos, Puyol, Piqué, Capdevila - Busquets (61. Torres) - David Silva (62. Navas), Xavi, Xabi Alonso, Iniesta (77. Pedro) - Villa
Schweiz: Benaglio - Lichtsteiner, Senderos (36. von Bergen), Grichting, Ziegler - Barnetta (90.+2 Eggimann), Huggel, Inler, Fernandes - Nkufo, Derdiyok (79. Yakin)
Schiedsrichter: Webb (England)
Zuschauer: 62.452
Tor: 0:1 Fernandes (52.)
Gelbe Karten: - / Benaglio, Grichting, Yakin, Ziegler
Und so fühlte man sich schnell an das Champions-League-Halbfinalrückspiel zwischen Barcelona und Inter Mailand erinnert, in dem die Mailänder sich den Finaleinzug ermauert hatten und Barcelona einfach kein Mittel fand, die von Mourinho konzipierte Defensive zu knacken. Piqué war es in diesem Spiel gewesen, der dann doch noch ein - am Ende nutzloses - Tor erzielt hatte und Piqué war es auch, der in Durban die erste richtige Chance hatte: 24. Minute, feiner Pass von Iniesta, dann eine gekonnte Körpertäuschung von Piqué, aber der durchweg bärenstarke Benaglio parierte.
Viele gute Tormöglichkeiten erarbeiteten sich die Spanier danach nicht, ein Freistoß von „El Guaje“ Villa in die Mauer, ein verzogener Lupfer von Silva, ansonsten nicht mehr als einige Fernschüsse, die Benaglio aber nicht in Bedrängnis brachten. Das Konzept der Nati ging auf, einzig die dumme Verletzung von Senderos zwang Hitzfeld zu einer Umstellung: Er musste den schwächeren Berliner Innenverteidiger von Bergen in die Partie bringen.
So ging es mit 0:0 in die Pause, ein Geduldsspiel für die Spanier. So weit, so gut, so in etwa hatte man das durchaus erwarten können. Nicht aber das, was dann in der 52. Minute geschah: Derdiyok drang mit Vehemenz in den Strafraum, wurde von Casillas elfmeterwürdig zu Boden gestreckt, Schiedsrichter Webb tat aber gut daran weiterspielen zu lassen, denn nun rauschte Fernandes heran und drückte den Ball über die Linie.
Das Spiel war auf den Kopf gestellt und Spanien musste reagieren. Trainer del Bosque tat es und brachte jetzt Torres und Navas für die blass gebliebenen Busquets und Silva. Nun sollte es mit zwei echten Stürmern gelingen und in der Tat wurde das Spiel der Spanier nun deutlich gefährlicher. Der Schwerpunkt auf dem Platz verschob sich vor das Tor der Schweizer, aber Iniesta, Torres, Navas und Co. scheiterten immer wieder an Torhüter Benaglio.
Aber auch die Schweizer blieben gefährlich, die Partie kam nicht mehr zur Ruhe. Xabi Alonso knallte den Ball aus gut 16 Metern an die Latte (70.) und Derdiyok, dessen Aufstellung sich längst bezahlt gemacht hatte, spitzelte den Ball nach wunderbarer Einzelleistung seinerseits an den Pfosten (74.).
Pedro kam nun noch für den müden Iniesta und die Spanier schnürten die Schweizer immer weiter vor ihrem Tor ein. Fünf Minuten Nachspielzeit brachten weitere Hoffnung, aber das Bollwerk der Weiß-Roten hielt und so wurde die Sensation besiegelt: Spanien null, Schweiz eins, die Eidgenossen feiern.
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