Seniorenwohnen: Alles beim Alten

Stadtentwicklungssenatorin stellt Bericht über Wohnen im Alter vor. Danach sind Heime für Senioren wenig gefragt. Heute gehe es eher darum, vorhandene Wohnungen umzubauen.

Ingeborg Junge-Reyer ist in gewisser Weise ein It-Girl, ein Role-Model ihrer eigenen Politik. Die 62-jährige Stadtentwicklungssenatorin geht stark auf das Rentenalter zu. Und sie lebt mit ihrem Mann und einem befreundeten Paar in einer Wohngemeinschaft. Selten durfte man also bei einer Politikerin so viel Praxiswissen voraussetzen wie bei Junge-Reyer, die am Dienstag den Senatsbericht zum Thema "Wohnen in Zeiten des längeren Lebens" vorlegte.

Die Unterbringung der Alten gewinnt an gesellschaftlicher Brisanz. Bis 2030 wird sich nach einer Senatsschätzung die Zahl der über 80-jährigen Berliner auf rund 260.000 fast verdoppeln. Dennoch will das Land keineswegs massiv in Seniorenlager investieren. Denn die SPD-Politikerin stellt in ihrem Bericht fest: "Die Wohnwünsche älterer Menschen unterscheiden sich nicht grundlegend von denen der jüngeren Generation."

Vor 30 Jahren habe es noch lange Wartelisten für Seniorenwohnheime gegeben. Das sei passé. Weniger, weil es heute mehr Heime gebe, sondern weil solche Spezialimmobilien nicht mehr gefragt seien. Umfragen hätten gezeigt, dass die meisten Menschen in ihrer gewohnten Umgebung wohnen bleiben wollten. Deshalb stelle sich heute weniger die Frage, ob jemand in eine barrierefreie Wohnung umziehe, sondern wie die bestehende Wohnung umgebaut werden könne, betonte Junge-Reyer.

Die Barrierefreiheit dürfe aber nicht an der Wohnungstür aufhören, sondern müsse auch in den Wohnquartieren umgesetzt werden, sagte die Stadtentwicklungssenatorin. Dort müssten zudem lokale Pflegestationen entstehen; zudem sollte ein vielfältiges und hochwertiges, aber dennoch preiswertes Wohnungsangebot erhalten werden. Außerdem müsse der wohnortnahe Einzelhandel gestärkt sowie der Anschluss an Bus und Bahn gewährleistet werden.

Nur für die Umsetzung ihrer hehren Ziele hatte die Senatorin wenig zu bieten. "Der Senat baut keine Häuser", stellte Junge-Reyer klar. Sie setzt vor allem auf Beratung - etwa durch die vom Land finanzierte Netzwerkagentur Generationenwohnen, die Träger und Betroffene bei der Realisierung verschiedenster Wohnprojekte unterstützt.

Vielleicht braucht es auch keine spezielle Stadtentwicklung für Senioren, wenn die erst mal ein Viertel der Bevölkerung stellen und so automatisch Standards setzen. Und wenn die agilen Alten sich gegenseitig unterstützen. So wie beim Role-Model Junge-Reyer.

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