Senat erwägt Pauschalen bei Hortbetreuung: Weniger Geld für Behinderte?
Der Senat will die Betreuung behinderter Kinder künftig wieder pauschal vergüten. Für Kinder mit hohem Förderbedarf würde das Geld nicht ausreichen.
Die Schulbehörde erwägt, den Förderbedarf von Kindern mit Behinderung in der Nachmittagsbetreuung nicht mehr wie bisher im Einzelfall zu prüfen, sondern pauschal mit 1.500 Euro im Jahr zu vergüten. Bei Martin Eckert vom Elternverein von Leben mit Behinderung e.V. schrillen alle Alarmglocken.
Käme es so, wäre "das eine sehr problematische Geschichte", sagt Eckert. Das könne leicht dazu führen, dass Kinder mit komplexem Förderbedarf außen vor blieben. Die 1.500 Euro würden allenfalls für Kinder mit leichteren Behinderungen ausreichen. "Wir sind da gebrannte Kinder", sagt Eckert. Eine Rückkehr zur pauschalen Regelung würde insbesondere Eltern mit Kindern, die einen erheblichen Betreuungsbedarf haben, vor große Schwierigkeiten stellen.
Das rechnet auch Christiane Blömeke, die familienpolitische Sprecherin der GAL vor. Die hatte die Einzelfallprüfung während ihrer Regierungszeit im Rahmen des Kita-Gutschein-Systems eingeführt. 1.500 Euro entsprächen ungefähr zwei zusätzlichen Betreuungsstunden pro Woche für heilpädagogische und therapeutische Maßnahmen. Im Einzelfall könnten aber nach der jetzigen Regelung bis zu zehn Wochenstunden zusammenkommen, so Blömeke.
Das entspräche einem jährlichen Zuschuss von 9.000 Euro pro Kind. "Der Vorschlag ist für uns Grüne inakzeptabel", sagt sie. Auch in Zukunft müsse der individuelle Förderbedarf eines Kindes über den Zuschuss entscheiden. Es dürfe bei der Betreuung behinderter Kinder keine Verschlechterung geben. Blömeke fordert den Senat auf, "den Landesrahmenvertrag an diesem Punkt nachzubessern und bei der Einzelfallprüfung zu bleiben".
Peter Albrecht, Sprecher von Schulsenator Rabe wiegelt ab. Die Pauschale sei zwar im Gespräch, aber: "Es sind dazu noch keine Entscheidungen gefallen." Außerdem wären Sonderregelungen aufgrund bestimmter Bedarfe weiterhin möglich.
Die Schul- und die Sozialbehörde handeln seit längerem mit den freien Kita-Trägern den so genannten Landesrahmenvertrag zur ganztägigen Bildung und Betreuung an Schulen aus.
Ab 2012 sollen Schulen und Kitas bei der Betreuung der Schüler vor und nach dem Unterricht eng zusammenarbeiten. Ziel ist die offene Ganztagsschule, die Bildung und Betreuung kombiniert. Mit dem Schuljahr 2013/14 soll die Reform an allen Hamburger Grundschulen umgesetzt sein.
Am Mittwoch scheiterte eine geplante Verhandlungsrunde, weil die Verbände ihre Forderung nach Beteiligung von Jugendhilfeeinrichtungen nicht erfüllt sahen. Voraussichtlich am Mittwoch nächster Woche soll weiterverhandelt werden. Dann wird es auch um die Bedingungen für die Betreuung behinderter Kinder gehen. Die Zeit drängt, möglichst noch vor Weihnachten soll der Vertrag von allen Seiten unterzeichnet sein.
Elternvertreter Martin Eckert wundert sich über die Vorgehensweise: "Wie können Sachverhalte verhandelt werden, ohne mit den Vertretern der Betroffenen zu sprechen?" Er hatte erst durch die taz von den Pauschalen-Plänen der Behörde erfahren.
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