: Selbstbestimmung für Deutsche in Polen
Bonn (dpa/afp) — Die Deutschen in Polen werden den Umfang ihrer Bildungs- und Kultureinrichtungen weitgehend selbst bestimmen und die deutsche Sprache vom Eigennamen bis zu den Medien durchsetzen können. Das gab CDU/CSU-Vizefraktionschef Karl-Heinz Hornhues gestern bekannt. Damit sei in dem jetzt abgeschlossenen deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag mehr erreicht worden, als bisher für denkbar gehalten worden sei, unterstrich Hornhues. Nach Informationen der Bonner Tageszeitung 'Die Welt‘ enthält der Vertrag eine „Doppelregelung“ des Minderheitenrechts. Einerseits würden internationale Abkommen herangezogen, andererseits konkrete Rechte detailliert aufgeführt. Experten sprächen von „wasserdichten Formulierungen“, schrieb das Blatt. Die in den Artikeln 20 bis 23 geregelten Minderheitenrechte beruhten auf Gegenseitigkeit, das heißt, Deutschstämmige in Polen und Polenstämmige in Deutschland sollten das Recht haben, „einzeln oder in Gemeinschaft ihre Menschenrechte und Grundfreiheiten ohne jegliche Diskriminierung und in voller Gleichheit vor dem Gesetz voll und wirksam auszuüben“, zitiert die Zeitung den Vertragsentwurf. Der Vertrag wird Mitte Mai in Warschau von den Unterhändlern abgezeichnet und im Juni in Bonn von den Regierungschefs Helmut Kohl und Jan Krzysztof Bielecki unterzeichnet werden. Zusammen mit dem Grenzvertrag vom November 1990 sollen die Texte dann unverzüglich den Parlamenten vorgelegt werden, kündigte Regierungssprecher Dieter Vogel an. Der Schutz der Minderheit, der auf den bereits vorhandenen europäischen Normen basiert, sei das Kernstück des Vertrages, sagte Hornhues. Hoffentlich würden die neuen Nachbarschaftsbeziehungen nicht durch rechtsradikale Gewalttaten an der Grenze beeinträchtigt, meinte der CDU-Politiker. Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher, der am Wochenende mit dem polnischen Außenminister Krzysztof Skubiszewski in Weimar die letzten offenen Fragen klären konnte, hatte am Sonntag ein Verhältnis zu Polen vorausgesagt wie das, „das wir heute schon mit Frankreich haben“. Eigentumsforderungen seien aber nicht Gegenstand der Vertragsverhandlungen gewesen. Kritik hatten die schlesischen Landsmänner gestern am Vertrag geäußert. Er schade deutschen Interessen.
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