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Sechs Minister zurückgetretenIndien wendet Neuwahlen ab

19 Abgeordnete entziehen der indischen Regierung ihre Unterstützung, sechs Minister treten zurück. Trotzdem wird es vorerst keine vorgezogenen Neuwahlen geben.

Nachdenklich: Manmohan Singh, indischer Regierungschef. Bild: dapd

NEU-DELHI afp | Trotz des Ausscheidens einer Bündnispartei hat die indische Regierung vorgezogene Neuwahlen vorerst abgewendet. Wie aus dem Kabinett von Premierminister Manmohan Singh verlautete, reichten am Freitag sechs Minister der Trinamool-Partei wie bereits erwartet ihren Rücktritt ein.

Auch die 19 Abgeordneten der Partei entzogen der Regierung ihre Unterstützung. Damit wandten sie sich gegen jüngst beschlossene Wirtschaftsreformen, die Indiens Einzelhandel für internationale Handelsunternehmen öffnen sollen.

Im Gegenzug sagte aber die Samajwadi-Partei (SP), eine Regionalpartei aus dem nördlichen Bundesstaat Uttar Pradesh, zu, Singhs Regierung mit ihren 21 Abgeordneten im indischen Parlament zu unterstützen. Damit wolle sie die oppositionelle konservative Hindu-Partei Bharatiya Janata daran hindern, an die Macht zu gelangen, sagte SP-Chef Mulayam Singh Yadav.

Yadev ließ offen, ob seine Partei der Regierung offiziell beitritt und im Rahmen der anstehenden Regierungsumbildung Ministerposten besetzt. Grundsätzlich lehnt auch Yadav die Zulassung ausländischer Supermarktketten ab.

Fast 40 Prozent der Ernten verrotten

Die indische Regierung hatte in der vergangenen Woche beschlossen, den Einzelhandel stärker für ausländische Handelsketten zu öffnen. Sie will damit erreichen, dass mehr Nahrungsmittel auch tatsächlich zum Verbraucher gelangen - derzeit verrotten 35 bis 40 Prozent der Ernten wegen mangelnder Lager- und Transportmöglichkeiten. Die ausländischen Konzerne sollen zudem zehn Millionen neue Jobs schaffen. Geplant ist Presseberichten zufolge außerdem, den Höchstsatz ausländischer Investitionen in der Versicherungsbranche von derzeit 26 auf 49 Prozent anzuheben.

Am Donnerstag hatten Händler, Ladenbesitzer und Arbeiter gegen die geplante Öffnung des Einzelhandels für Unternehmen wie Walmart, Metro oder Tesco mit einem 24-Stunden-Streik protestiert. Ihr Protest richtete sich auch gegen die jüngste Erhöhung des Dieselpreises um zwölf Prozent.

Der US-Handelsriese Walmart kündigte unterdessen an, nach der Verabschiedung der Reform innerhalb der folgenden zwölf bis 18 Monate seinen ersten Laden in Indien zu eröffnen. „Das ist der Plan“, sagte ein Unternehmenssprecher der Nachrichtenagentur afp. Zu Details wollte er sich nicht äußern.

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1 Kommentar

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  • JB
    Jürgen Bennies

    There is no alternative? Ganz so schwarz muss man die Welt noch nicht sehen. Es stimmt zwar, dass die indische Regierung sich nach den bekannten neoliberalen Konzepten richtet, trotzdem hat Mamata Banerjee als Vorsitzende der Trinamool- Partei mit ihrer konsequenten Haltung und dem Regierungsaustritt einiges erreicht. Durch die von ihr verursachte monatelange Diskussion bezüglich der Marktöffnung für westliche Supermarktketten wurde eine öffentliche Aufmerksamkeit für die Vor- und Nachteile erzeugt. Da jedes Bundesland eigenständig entscheiden kann und nur wenige Walmart willkommen heißen, wird man in Zukunft sehr genau beobachten, ob die Bevölkerung davon profitiert. Das ist eine völlig neue Situation für westliche Großkonzerne. Der Handelsminister Anand Sharma bedauerte gestern in einem Interview, dass eine so lange und ausgiebige Diskussion stattgefunden habe.

    Und die ist noch nicht beendet, denn die Regierung hat keine parlamentarische Mehrheit für die Entscheidung. Die Opposition ist empört und spricht von einer Respektlosigkeit gegenüber der Demokratie. Mamata Banerjee fordert deshalb eine Abstimmung im Parlament.

    Es sei noch angemerkt, dass die Trinamool-Partei von Banerjee, trotz ihrer Pro Poor People – Agenda politisch in der Mitte anzusiedeln ist und fast allen anderen Reformen zur Marktöffnung für ausländische Investoren zugestimmt hat. Ihr Widerstand bezieht sich hauptsächlich auf ausländische Supermarktketten.