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■ Schwarz-grüne SandkastenspieleZum Nutzen der CDU

Man glaubte sie schon verschollen, die Phantasie in den Köpfen mancher Politgrößen dieser Stadt. Urplötzlich erwachte sie nach den Wahlen in einer parteiübergreifenden und verwirrenden Vielfalt. Da schlug Ingrid Stahmer den Grünen Koalitionsgespräche mit der CDU vor, ihr sozialdemokratischer Parteifreund Erich Pätzold empfiehlt seinen Genossen die Oppositionsbank, PDSler Gregor Gysi glaubt, links von der Union einen unabhängigen Kandidaten als Regierenden durchsetzen zu können. Nun rät der bündnisgrüne Abgeordnete Bernd Köppl seiner Partei, von Fall zu Fall zusammen mit der SPD einen CDU-Minderheitssenat zu dulden.

Sorgen macht sich der Gesundheitspolitiker um den Zustand der angeschlagenen SPD, denen er mit seinem Modell die psychologischen Hemmungen vor der Oppositionsrolle nehmen möchte. Abgesehen vom merkwürdigen Umstand, daß ausgerechnet ein Grüner den Sozialdemokraten eine Krücke hinhält, scheint der Mediziner Köppl von plötzlicher Amnesie befallen zu sein: Hatte nicht gerade seine Partei die Wähler mit der klaren Variante Rot-Grün gelockt? Köppl vertracktes Modell einer CDU-Duldung wäre der Beginn vom Einstieg in die Mittelmäßigkeit. Würde es realisiert, müßten die Grünen im Parlament einzelne Anträge nicht nur mit der SPD, sondern auch mit der CDU aushandeln. Die Kompromisse, die dabei am Ende herauskämen, sind vorhersehbar und wären noch dünner als womöglich in einer rot-grünen Konstellation. Den Nutzen hätten zwei: die CDU, die als stärkste Partei die Duldungsakteure gegeneinander ausspielen könnte, und die auf Opposition abonnierte PDS. Bei den nächsten Wahlen könnte sie auf frustrierte Grünen-Wähler hoffen. Severin Weiland

Bericht aus Seite 26

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