Schwarz-Grün in Hessen: Grüne sagen Ja
Mit großer Mehrheit stimmen die hessischen Grünen für Koalitionsgespräche mit der CDU. Bundespolitiker glauben dennoch nicht an eine Vorlage für den Bund.
FRANKFURT/MAIN dpa/afp | Die hessischen Grünen wollen erstmals in ihrer Geschichte Koalitionsverhandlungen mit der CDU aufnehmen. Das berichtete Grünen-Landeschef Tarek Al-Wazir am Samstag in Frankfurt nach einem kleinen Parteitag. Die Entscheidung fiel nach seinen Angaben mit 51 Ja-Stimmen gegen 6 Nein-Stimmen. „Wir haben heute eine sehr intensive Debatte geführt“, teilweise sei sie auch sehr emotional gewesen, sagte Al-Wazir.
Die CDU-Spitze in Hessen hatte den Grünen das Angebot am Freitagabend unterbreitet und dabei auch Zugeständnisse beim Reizthema Fluglärm angekündigt. Am 21. Dezember soll ein Parteitag der Grünen über das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen abstimmen. Kommt ein Bündnis zustande, wäre es die erste schwarz-grüne Koalition in einem Flächenland. CDU und Grüne hatten 2008 schon einmal in Hamburg eine Koalition gebildet, das Bündnis zerbrach aber 2010.
Trotz der Annäherung von CDU und Grünen in Hessen haben Spitzenpolitiker beider Parteien der Möglichkeit von Schwarz-Grün im Bund eine Absage erteilt. Grünen-Bundestagsfraktionschef Anton Hofreiter sagte am Wochenende, seine Partei werde nicht „den Notnagel für Frau Merkel geben“.
Hofreiter sagte der Chemnitzer Freien Presse vom Samstag, natürlich werde sich seine Partei „keinem Gespräch mit Demokraten verschließen“, falls die SPD-Basis in ihrem Mitgliederentscheid eine große Koalition ablehne und die Union erneut auf die Grünen zukomme. Die Parteien lägen aber vor allem beim Thema ökologische Modernisierung nach wie vor weit auseinander. „Ich denke, es liefe dann am Ende auf Neuwahlen hinaus“, sagte er mit Blick auf ein mögliches Scheitern der Gespräche von CDU/CSU und SPD.
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe warnte seine Partei vor dem Glauben, mit den Grünen wäre eine Zusammenarbeit leichter als mit der SPD. Der Bild am Sonntag sagte er: „Nach den Sondierungsgesprächen mit den Grünen kann ich nur davor warnen zu glauben, mit den Grünen wäre es leichter, ein Regierungsprogramm zu vereinbaren.“ In vielen Punkten verträten die Grünen ähnliche Positionen wie die SPD. "Und in der wichtigen Frage der Energiepolitik dürfte es mit ihnen deutlich schwieriger sein, zu Kompromissen zu kommen", sagte Gröhe.
Leser*innenkommentare
emil
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die hessische cdu hat sich in den letzten jahren soviele schnitzer geleistet.. solange die nicht personell aufräumen wäre es irrsinn mit diesen menschen in irgendwelche verhandlungen zu treten.
Somebody
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in den letzen 20 jahre waren die grünen letztendlich nur ein gefügig/gehorsamer Befehlsempfänger/Zustimmungsverein der SPD
die Entwicklung zu einer wirklich eigenständigen Partei ist zu begrüßen
(was aber absolut nicht heißt das ich schwarz-grün für eine besser Option halte - nein - aber es ist unter umständen eben eine mögliche Optionm wenn Koalitionsverhandlungen einen akzeptablen koalitionsvertrag hervorbringen)
Abwärts
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Kein Notnagel für die CDU im Bund? Wer Herrn Al-Wazir in Hessen erlebt hat, seine absolute Kehrtwende, der glaubt auch das nicht mehr. Herr Josef Fischer (manche nennen ihn wirklich noch Joschka) hat seinen Segen dazu gegeben? Ja, wen wundert es? Er hat schon lange eine schwarze Seele.
Heute Mitregieren, morgen unter zehn Prozent. Auch eine Option für die Zukunft. Viel Spaß dabei, ihr lieben "Realos".
Christian
Grundgütiger. An Stelle der hessischen Grünen würde ich mir zur Entschädigung wenigstens in den Koalitionsvertrag schreiben lassen, dass ich einmal am Tag in Volker Bouffiers widerliche grinsende Fresse schlagen darf. Vielleicht ist so eine Koalition dann emotional überlebbar.
Walter Gleichmann
Auch bundespolitisch sind in Zukunft neue Mehrheiten in Sicht! Das Blockdenken gehört der Vergangenheit an und das ist gut so in einer Demokratie!
577 (Profil gelöscht)
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@Walter Gleichmann Sehe ich genauso!
Nobody
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Damit stellen die Gruenen die naechste Verraeterpartei dar und sind kuenftig unwaehlbar. Es verbleibt die Linke als einzige noch waehlbare Partei im ehemaligen Land der Dichter und Denker, die, so denke ich, die Entwicklung zur Postdemokratie nicht verhindern wird.
reblek
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"Grüne sagen Ja" - Das Wort "Nein" ist bekanntlich aus der Sprache der sogenannten Grünen verschwunden.
Sören
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Koalitionen sind selten Liebeshochzeiten, sondern pragmatische Bündnisse auf Zeit. Es ist gut, wenn in Hessen eine neue variante erprobt wird. Angesichts unseres zersplitterten Parteienspektrums braucht man Alternativen zur Großen Koalition. Sonst steuern wir auf österreichische Verhältnisse zu, mit einer permanenten Großen Koalition.
Für die Grünen unterscheidet sich eine Koalition mit der CDU nur auf einer Art Gefühls-Ebene von Bündnissen mit der SPD. Es wird Kompromisse geben müssen, die nicht immer einfach sein werden. Die Frage wird sein, ob die Grünen Akzente setzen können - daran muss man sie messen.
Die SPD hatte 8 Jahre Zeit, ihr Verhältnis zur Linken zu klären. Sie hat versäumt, dies zu tun, und damit gleichzeitig der Linken ein Alibi geliefert, um sich nicht auf Kompromisse, die nötig wären, einzustellen. Die Grünen können nicht ewig darauf warten, dass dieser Kindergarten endet.
Wenn es auf Bundesebene doch nicht zu der erwarteten Großen Koalition kommt, sollte die Grünen überlegen, eine Miderheitsregierung der Union zu tolerieren. Wenn diese Zusammenarbeit funktioniert, könnte man in 1 - 2 Jahren über das Eingehen einer Koalition nachdenken.
Beppo
Vom Bündnis 90 ist nicht viel übrig geblieben. Leider. So ist das mit der Macht, irgendwann macht man alles dafür.
vic
Hessen: Und wieder hat die CDU mit den Grünen einen Dummen gefunden.
Erstaunlich aber wahr.
lichtgestalt
@vic und taz jubelt. Was nicht überrascht, denn Prostitution ist ja in den letzten Wochen hier Schwerpunktthema.
Reiner
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Was politisch kaum zusammenpasst, sollte man aus taktischen Gründen auch nicht zusammen führen. Wer in Hessen Zeitungen gelesen, sich informiert hat, der erkennt schnell, wie tief der Graben zwischen Grünen und Union ist. Warum Al-Wazir darüber hinwegsehen kann, muss er noch erklären, dass es wirklich auf harten Fakten, auf einem Fundament beruht, kann ich mir kaum vorstellen. Mir kommt das eher so vor, als ob ein Grüner den direkten Fahrstuhl zur Macht, zu den Mandaten, zum Ministersessel sucht und dabei politisch-inhaltliche Fragen erst mal ausklammert. Dass die hessische CDU keine Mehrheiten mehr für sich hat, dass ihre Politik regelrecht abgewählt wurde, wird den Grünen um den Kopf gehauen werden.
Die SPD könnte langfristig stark profitieren, denn bei der nächsten Wahl wird der Wähler auf Klarheit achten -> Siehe Beispiel Hamburg und von Beust war liberaler als Bouffier.