■ Schutz für Nichtraucher: Druck ist notwendig
Wenn Nichtraucher zuweilen Raucher bitten, ihre Zigarette auszumachen, weil der Qualm unerträglich ist, erleben sie die unterschiedlichsten Reaktionen. Erfahrungsgemäß sind die rücksichtsvollen Raucher leider (noch) in der Minderzahl. Angesichts solcher Ohnmachtserfahrungen setzen auch diejenigen, die sonst gegen staatliche Reglementierung eintreten, darauf, das Kräfteverhältnis zugunsten der Nichtraucher per Gesetz zu korrigieren. Machtverhältnisse lassen sich mitunter eben nur ändern, wenn man mit Gesetzen nachhilft. Das hat sich bei der Frauen-Quotierung gezeigt.
Es kann nicht darum gehen, die Tyrannei der Raucher durch die der Nichtraucher zu ersetzen. Aber es ist nicht zuviel verlangt, wenn diejenigen in die Raucherecke ausweichen, die die Luft verpesten, und nicht diejenigen das Weite suchen müssen, die den Qualm nicht aushalten – sofern sie dazu überhaupt eine Möglichkeit haben.
Natürlich bringt ein Nichtraucherschutzgesetz nur etwas, wenn es von weiten Teilen der Bevölkerung auch akzeptiert wird. Das Klima hat sich in den letzten Jahren jedoch zugunsten der Nichtraucher verändert. Der Zeitpunkt, um die Debatte mit einem Gesetzentwurf voranzutreiben, ist also günstig. Der Vorschlag des bündnisgrünen Gesundheitspolitikers Bernd Köppl, Eltern ein Rauchverbot zu erteilen, wenn ihre Kinder durch Passivrauchen Schäden davongetragen haben, taugt hier allenfalls als provokativer Denkanstoß. In der Tat muß sich das Bewußtsein, daß Rauchen wegen der Folgeschäden auch eine Form von Körperverletzung ist, stärker durchsetzen. Ein andere Idee von Köppl, Zigaretten nur noch in Tabak-Shops anzubieten – wie in Holland, wo Coffee-Shops weiche Drogen verkaufen, wäre die Droge Tabak dann nur noch im Spezialgeschäft erhältlich –, könnte nur auf Bundesebene umgesetzt und beschlossen werden.
Die Vorschläge, die Raucher in öffentlichen Gebäuden in die Raucherecke zu schicken, gehen in die richtige Richtung. Wo Köppl allerdings über die Stränge schlägt, da ist Gesundheitssenator Luther nicht beherzt genug. Ohne Androhung eines Bußgeldes fehlt einem Nichtraucherschutzgesetz der Biß. Dorothee Winden
Siehe Artikel auf Seite 22
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