Schulen: Private sollen Schule machen
Auch Schulen sollen ihr Personal verstärkt bei freien Trägern rekrutieren. Dabei hat Berlin noch 750 Erzieherinnen als Personalüberhang deklariert. Kritik von Gewerkschaft
Staatliche Schulen sollen sich wie die Kitas stärker für private Partner öffnen. Die 200 Erzieherinnen, die Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) den Schulen vor zwei Wochen versprochen hat, sollen diese nach Möglichkeit bei Verbänden und Vereinen rekrutieren. 8 Millionen Euro hat Zöllner für das zusätzliche Personal in seinem Haushalt reserviert. "Personalmittel, die in den Ausbau von Kooperationen mit freien Trägern der Jugendhilfe gehen sollen", heißt es in einem Schreiben, das am Montag an die Schulleiter verschickt wurde.
Dabei hat Berlin ein umfangreiches Personalreservoir, genannt Stellenpool. Darin tummelt sich all das überzählige Personal, das sich das Land nach Rechnung von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) sparen kann. Im Pool sind nach Auskunft einer Sprecherin aktuell 750 Erzieherinen registriert, 340 von ihnen arbeiten bereits in sogenannten Übergangseinsätzen, also ohne feste Stelle, an den Horten. Der Vorsitzende des Hauptpersonalrats der Landesbediensteten, Uwe Januszewski, ist daher erstaunt: "Wir denken, dass der zusätzliche Bedarf auch mit unserem eigenen Personal gedeckt werden könnte."
Die Bildungsverwaltung beschwichtigt, dass die zusätzlichen Stellen zunächst mit Erzieherinnen aus dem Pool besetzt werden. "Allerdings müssen wir aufstocken, um auf die erforderliche Zahl zu kommen", sagt Sprecher Bernhard Kempf. In einem anderen Punkt ruderte die Senatsverwaltung am Dienstag bereits zurück: Im Schreiben an die Schulleiter hieß es, dass die Schulen sich für das öffentliche oder private Modell entscheiden - und öffentliche Erzieherinnen an andere Schulen abgeben sollten. Dies ist nicht mehr so. "Keine Schule soll gezwungen werden, nur ausschließlich mit Personal aus dem öffentlichen Dienst oder der freien Träger zu arbeiten", korrigierte Kempf. Die Zusammenarbeit mit freien Trägern entspreche im Übrigen dem Wunsch der Schulen.
Inge Hirschmann vom Grundschulverband widerspricht: "Wir wünschen uns eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit unseren Erzieherinnen. Die sind in den vergangen Jahren rumgereicht worden von Ost nach West und von den Kitas in die Schulen." Statt auf freie Träger zu setzen, sollte das Land neue Erzieher beschäftigen. Doch genau das soll vermieden werden: "Das Land möchte seinen Stellenrahmen nicht ausweiten", heißt es in dem Brief an die Schulen.
Nicht der Wunsch der Schulen, sondern die finanziellen Motive des Landes stünden hinter dem Vorschlag, verstärkt mit freien Trägern zu kooperieren, kritisiert die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft. Die freien Träger sind billiger, da sie dem Land nur 92,5 Prozent ihrer Personalkosten in Rechnung stellen können; sie müssen sich zudem nicht nach Tarif zahlen.
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