Schule: Die Methode Mao
Die Jugendorganisation der rechtspopulistischen "Dänischen Volkspartei" schwärzt Lehrer im Internet an
Von Mao lernen! Dieses Motto gilt offenbar auch für die Jugendorganisation der rechtspopulistischen "Dänischen Volkspartei" ("Dansk Folkeparti"). Ähnlich wie Chinas SchülerInnen und StudentInnen zu Zeiten der Kulturrevolution aufgefordert wurden, LehrerInnen anzuschwärzen, welche den revolutionären Standpunkt vermissen ließen, können dänische SchülerInnen seit einigen Monaten ihre Lehrer wegen "politischer Indoktrination" melden. Das Ganze nicht mehr auf Wandzeitungen gekritzelt, sondern auf einer Webseite der Parteijugendorganisation "Dansk Folkepartis Ungdom" für alle Welt lesbar ins Internet gestellt.
Da beklagt sich dann ein Søren darüber, dass man ihn an seinem Ausbildungsplatz gefragt habe, ob er etwa Rassist sei. Eine Trine beschwert sich, dass man ihre politische Haltung offenbar nicht ernst nehme, nur weil sie eine andere Meinung zu Einwanderern habe als ihre Klassenkameraden. Nicht genug damit: Man habe sie auch schon als "Nazitussi" beschimpft. Und Ditte schreibt, sie habe ganz unberechtigt deshalb eine schlechte Note bekommen, weil sie das Aufsatzthema "Meine Zukunft" in "Eine dänische Zukunft" uminterpretiert habe.
Natürlich gibt es dann den "ultralinken" Geografielehrer, der seine Kritik an Israel und den USA ventiliert, und die Sozialkundelehrerin, die zur Kommunalwahl für die Sozis kandidiert, weshalb man im Unterricht besser nicht seine Meinung sagt. Insgesamt ergibt sich eigentlich der Eindruck, dass dänische LehrerInnen erfreulich wenig indoktrinieren. Und das dicke Paket an Negativbeispielen, das die rechte Dänen-Jugend irgendwann beim Bildungsministerium abzuliefern gedenkt, dürfte danach eher dünn ausfallen.
Dieser Tage stand auf www.melddinlaerer.dk allerdings ein ernsterer Vorwurf: "Mein Lehrer ist ein Pädophiler! Er hat mich und meine Freundinnen öfter gefragt, ob wir nicht bei ihm übernachten wollen. () Hilfe, feuert ihn." Das Ganze steht nicht wie die Mehrzahl der Beiträge auf dieser Webseite anonym geschrieben, sondern mit eigenem Namen, dem Namen des Lehrers und der Schule. Die Vorwürfe erwiesen sich bald als frei erfunden, doch die Folgen für Lehrer wie Schule waren ernst. Und die "Dänische Volkspartei" darf sich jetzt mit dem Vorwurf herumschlagen, mit ihrer Kampagne nicht nur genau das zu praktizieren, was sie dem politischen Gegner vorwirft, nämlich eine Art Gesinnungspolizei sein zu wollen. Sondern auch noch eine Plattform für öffentliche Falschanschuldigungen bereitzustellen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!