Schule in Bayern: Und tschüs, "Tschüs"!
Über ein "Grüß Gott" freut man sich an einer bayerischen Schule. Über ein "Tschüs" hingegen nicht. Die Rektorin hat ihre Einrichtung zur "tschüsfreien Zone" erklärt.
Es zischt wie das Projektil, das dem armen Bären Bruno das Herz brach. Es ist eine Attacke auf sensible Ohren - ob als "Tschüs", "Schüss" oder "Tschüsi" -, mögen es dubiose Sprachwissenschaftler auch vom spanischen "adiós" oder vom französischen "adieu" herleiten. Nun aber scheint es sich auszutschüssen.
Kurze Rückblende: Am Freitag forderten wir auf CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt bereits auf, ein "Brötchen"-Verbot für den Teil des bairischen Sprachgebiets zu erlassen, für den er sich zuständig fühlen darf - Österreich, Südtirol, die Gemeinde Samnaun im schweizerischen Graubünden sowie einige andere Flecken rund um den Globus gehören nicht dazu. Unser Ruf wurde schneller erhört als gedacht - von der Basis!
Es blieb der Passauer Rektorin Petra Seibert vorbehalten, ihre Schule zur "Hallo- und tschüsfreien Zone" zu erklären. Früher wäre eine solche Eigenmächtigkeit in Bayern kaum möglich gewesen. Doch Seibert kämpft für ihre Überzeugung, ohne dabei denjenigen, die sich einsichtig zeigen, die Chancen zu einem Abschluss an ihrer Einrichtung zu verbauen. "Über ein ,Grüß Gott' und ein freundliches ,Auf Wiedersehen' freuen wir uns jederzeit", ist in einem Aushang der Mittelschule St. Nikola zu lesen.
Jetzt reagieren auch endlich Partei und Staatsführung - aber so inkonsequent, wie man es von einer tief verunsicherten CSU befürchten musste. Auf das "Tschüs" zu verzichten, meint Dr. Ludwig Unger, Sprecher des bayerischen Kultusministeriums, sei "ein positives Signal der Wertschätzung, aber man darf es nicht zum Dogma stilisieren".
Wie die Atomenergie und die Wehrpflicht? Wie die Gentechnik, die "Herdprämie" und die Rechtschreibung? Wie das Ziel der absoluten Mehrheit in Bayern, wie das Credo "Rechts von der CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben"? Bravo, Frau Seibert! Und tschüs, CSU!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Experten kritisieren Christian Lindner
„Dieser Vorschlag ist ein ungedeckter Scheck“
Soziologe über Stadt-Land-Gegensatz
„Die ländlichen Räume sind nicht abgehängt“
Regierungskrise der Ampel
Schmeißt Lindner hin oder Scholz ihn raus?
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke