Schuldenstreit in den USA: Leichte Annäherung der Streithähne
Republikaner und Demokraten könnten sich auf die Anhebung des Schuldenlimits um 2,4 Billionen Dollar in zwei Schritten und höhere Budgetkürzungen einigen. Obama ruft erneut zum Kompromiss auf.
WASHINGTON dapd/dpa | In den festgefahrenen Verhandlungen um eine Lösung in der US-Haushaltskrise haben das Weiße Haus und führende republikanische Kongressabgeordnete am Samstag erhebliche Fortschritte erzielt. Wie aus informierten Regierungskreisen verlautete, ist ein Entwurf im Gespräch, der in zwei Schritten eine Anhebung des Schuldenlimits um rund 2,4 Billionen Dollar und Haushaltskürzungen um einen etwas höheren Betrag vorsieht. Demnach könnte eine erste Anhebung im Umfang von rund einer Billionen Dollar sofort greifen und eine spätere im Lauf des Jahres erfolgen.
Die mögliche Einigung würde auch eine Kongressabstimmung über einen Verfassungszusatz nötig machen, der einen ausgeglichenen Etat vorschreibt, hieß es.
Beide Seiten seien sich bei den nächtlichen Verhandlungen in allgemeinen Punkten näher gekommen, bei einer Reihe von Einzelheiten müsste man sich jedoch noch einigen, sagte ein mit der Debatte vertrauter Gewährsmann.
Zuvor hatte der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, eine für kurz nach Mitternacht geplante parteiinterne Testabstimmung über einen Gesetzesentwurf verschoben. Das Votum solle nun am Sonntagmittag stattfinden, um den Verhandlungspartnern im Weißen Haus genügend Zeit für eine Einigung einzuräumen, erklärte Reid.
Obama: "Es gibt viele Wege aus dem Schlamassel"
In der Vergangenheit war die Anhebung der Schuldenobergrenze stets eine Formalie. Doch in diesem Jahr haben die Republikaner angesichts des Haushaltsdefizits gewaltige Einsparungen bei den Staatsausgaben zur Vorbedingung für ihre Zustimmung gemacht. Das derzeitige Schuldenlimit von 14,3 Billionen Dollar haben die USA bereits im Mai erreicht. Sowohl Obama als auch seine demokratische Partei wollen jedoch keinen Vorschlag akzeptieren, der die Finanzierung des Staatshaushalts nicht bis nach den Präsidentschaftswahlen im November 2012 sicherstellt.
Präsident Barack Obama rief am Samstag erneut zum Kompromiss auf. "Die Parteien liegen nicht so weit auseinander", sagte er in seiner traditionellen Wochenendbotschaft. "Es gibt viele Wege aus diesem Schlamassel... Aber die Zeit ist sehr knapp." Er hoffe, dass ihm am Dienstag ein Gesetzentwurf vorliege, dem er zustimmen könne. Obama will unbedingt vermeiden, dass das Limit im Wahljahr 2012 erneut heraufgesetzt werden muss. Er fürchtet, eine erneute Schuldendebatte könnte ihm vor der Präsidentenwahl im November nächsten Jahres schwer schaden.
Sollte es bis Dienstag zu keiner konsensfähigen Lösung kommen, ist das Land zahlungsunfähig. Das Finanzministerium hat inzwischen Vorbereitungen für den Fall eines Scheiterns getroffen. Oberste Linie: Schulden und Zinsen sollen auf alle Fälle bezahlt werden. Nach einem Bericht der Washington Post können auch die zum Monatsbeginn anfallenden Sozialhilfe-Leistungen noch gezahlt werden. Doch bereits in wenigen Tagen "verliert die Regierung ihre Fähigkeit, allen Zahlungen nachzukommen".
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