„Schuld war nur die Basanova!“

■ TuS Walle entläßt Trainerin / Umstände bleiben dubios / Nachfolge unklar / Verein verhandelt mit fünf neuen ÜbungsleiterInnen

Gesenkten Hauptes verließ gestern morgen Marina Basanova die Geschäftsstelle des TuS Walle. Vorstand und Management hatten der erfolgreichen Handballtrainerin mitgeteilt, ihr Vertrag bis zum 30. Juni 1997 wird nicht verlängert. Beim amtierenden deutschen Handballmeister der Frauen geht damit eine Ära zu Ende. Zweimal in Folge hatte Basanova die Handballerinnen aus Bremens Norden zum Meistertitel geführt.

Manager Hans-Herbert Ludolf sagte, die finanziellen Forderungen Basanovas seien maßlos überzogen. Der Vereinsvorsitzende Herbert Poppke legte noch einen drauf: „Für das Geld kriegen wir zwei Bundestrainer.“Dann sei die Mannschaft spieltaktisch immer weniger überzeugend gewesen. Zudem bestünden Schwächen in der physischen Leistungsfähigkeit der Spielerinnen. Und Basanova habe noch keine A-Lizenz. Zum Schluß langte Ludolf dann richtig hin: „Das Vertrauensverhältnis ist kaputt. Fünf junge Spielerinnen sagen: Entweder geht Basanova oder wir.“

Schaut man sich die Finanzen an, sollte vielleicht erstmal besagter Vereinsvorsitzender Poppke gehen. Der hat nämlich den Vertrag für „zwei Bundestrainer“mit unterschrieben. Sie kriegt 6.500 Mark brutto plus Zulagen etwa bei Titeln. Das ist für TrainerInnen im Frauen-Handball extrem viel. Nur – warum sollte Marina Basanova auf ihr halbes Gehalt verzichten? Weil Poppke vor zwei Jahren offensichtlich noch nicht wußte, was „zwei Bundestrainer“kosten?

Basanova jedenfalls hat nach eigenen Angaben vom Verein ein reduziertes Angebot bekommen und sogar akzeptiert. „Ich kenne doch die schlechte Finanzlage des Vereins“, sagt sie. Ludolf habe sich dann Bedenkzeit ausgebeten. „Heute habe ich mit weiteren Verhandlungen gerechnet. Aber gleich in der ersten Sekunde wurde mir mitgeteilt, ich könne gehen.“

Manager Ludolf sagt zu diesem Punkt: „Basanova lügt.“

Basanova sagt zu diesem Punkt: „Ludolf ist ein Diktator.“Der Ex-Trainer und jetzige Manager habe ihr immer in ihre Arbeit hereingeredet. Dagegen habe sie sich aufgelehnt. „Jetzt hat er mich dafür rausgeschmissen. Das ist mies.“So erklärt sie sich auch die ihrer Meinung falschen Vorwürfe zu Spieltaktik und Mannschaftsform.

Bei diesem Punkt kann man geteilter Meinung sein. Während der TuS Walle gegen Wolgograd (laut Poppke „Stalingrad“), Herrentrup und Leipzig wirklich nicht gut aussah, legten die Handballfrauen am Wochenende gegen Meister-schaftsfavorit Lützellinden (20:20) eine perfekte Leistung aufs Parkett. Tatsache ist zudem, fünf Nationalspielerinnen verließen Walle, zwei weitere Stützen mit Dagmar Stelberg und Klara Orban fielen als Langzeitverletzte aus. Trotzdem ist Walle Tabellenvierter. Der Europapokal ist in greifbarer Nähe und bei einem Sieg über den Tabellenletzten Oldenburg am Wochenende ist Walle in der Endrunde um den deutschen Pokal. Von so einer Bilanz kann Werder-Trainer Dixie Dörner nur träumen.

Zu ihrem Verhältnis zu den Spielerinnen sagt Basanova: „Ludolf lügt. Ich habe ein gutes Verhältnis.“Das bestätigt Spielführerin Dagmar Stelberg: „Mir sind keine Differenzen zwischen Marina und anderen Spielerinnen bekannt.“Auch Stelberg-Vertreterin Birgit Wagner ist nichts bekannt. Beide sagen dagegen, daß Ludolf erhebliche Probleme mit der Trainerin habe. „Er steht nicht hinter ihr. Da liegt das Problem“, sagt Dagmar Stelberg.

Marina Basanova jedenfalls will jetzt zum niederländischen Meister Roermond wechseln. Dort lockt wieder die Champions-League.

P.S. Die Finanzen für diese Spielzeit sind gesichert. Zur nächsten Saison muß das 1,2-Millionen-Mark-Budget um eine Viertel Million Mark gekürzt werden.

P.P.S. Zwei leistungsstarke Spielerinnen sollen zusätzlich verpflichtet werden. Die Basanova-Nachfolge ist noch nicht geregelt.

P.P.P.S. „Die Medien geben uns in ihrer Berichterstattung manche Rätsel auf.“(Presse-Erklärung von gestern) Jens Tittmann