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Schüler gehen auf die Straße"Weil man uns die Bildung klaut"

Mehr Geld für Bildung forderten rund 3.000 Demonstranten. Jens Böhrnsen erklärte, 20 Millionen werde es nicht geben, wohl aber "eine Schippe drauf".

Rund 3.000 Lehrer- und vor allem SchülerInnen demonstrierten für mehr Geld und mehr Bildung. Bild: Klaus Wolschner

Bremen taz | „Wir wollen 20 Millionen“, skandierte Petra Lichtenberg von der GEW zum Ende der Kundgebung vor dem Bahnhof – rund 3.000 Schüler- und LehrerInnen hatte das Bremer Bündnis für Bildung auf die Beine gebracht. Um diese Summe sei die Bremer Bildung unterfinanziert, das hatte der Rechnungshof in seinem jüngsten Bericht ausgerechnet. Aber „die Schuldenbremse hat Vorrang vor guter Bildung“, protestierte Lichtenberg, Rot-Grün sei für einen „Kahlschlag“ verantwortlich. Die zurückgetretene Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) hinterlasse eine „desolate Bildungslandschaft“.

Vorher hatte die Elternsprecherin Andrea Spude über ihren „geplatzten“ Bildungstraum berichtet. Der Beschluss des rot-grünen Koalitionsausschusses, augrund dessen Jürgens-Pieper zurückgetreten war, sei eine „Bankrotterklärung für die Bremer Bildung“. Der Schülervertreter Marc Castendiek vom Gymnasium Hamburger Straße beklagte die hohe Arbeitsbelastung von Lehrer- und SchülerInnen.

Immer wieder wurde über den Lautsprecher versucht, den Slogan „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut“ anzustimmen, die Stimmung auf dem feuchtkalten Bahnhofsplatz war aber eher unterkühlt.

In seinem im März 2012 vorgelegten Jahresbericht hatte der Rechnungshof mitgeteilt, dass die Bildungsbehörde keine Finanzierungsplanung für die beschlossenen Veränderungen der Schulstruktur vorlegen konnte, auch nicht auf Aufforderung durch den Rechnungshof. Nach den Schätzungen des Rechnungshofes drohten aber Kosten, die die Haushalte von 2012 und 2013 um jeweils rund 20 Millionen Euro übersteigen. Die Bildungsbehörde war von deutlich sinkenden Schülerzahlen ausgegangen, diese Prognose sei von „fehlerhaften Annahmen“ geprägt. Für die Inklusion hatte die Bildungsbehörde offiziell sogar mit Einspar-Effekten gerechnet – tatsächlich seien aber erhebliche Investitionen in Gebäude und in Personal erforderlich, so der Rechnungshof.

Dass die Bildungssenatorin Jürgens-Pieper schon im Sommer 2011 und jüngst wieder finanziellen Mehrbedarf anmeldete, ist nach der Analyse des Rechnungshofes nicht überraschend. Verwunderlich ist, dass die Bildungsbehörde sich gegen die Berechnungen des Rechnungshofes gewehrt und ihm eine Überschreitung seiner Kompetenzen vorgeworfen hat.

In der gestrigen Bürgerschaftsdebatte zu dem Thema musste die Bildungssenatorin die rot-grüne Koalition nicht mehr gegen die Kritik der Linksfraktion an mangelnder Finanzierung der Bildungsreform verteidigen – sie war einen Tag vorher zurückgetreten. So musste der Bürgermeister das Bildungsressort vertreten.

Kristina Vogt (Linke) trug die Kritik vor, die auch auf der Protestkundgebung formuliert worden war. Der bildungspolitische Sprecher der SPD, Mustafa Güngör, dankte der zurückgetretenen Senatorin mit einer kleinen Lobrede. Jens Böhrnsen (SPD) lobte Jürgens-Pieper nur als Wissenschafts- und Gesundheitssenatorin. Er wies die Forderung nach 20 Millionen Euro mehr für die Bildung als unrealistisch zurück, erklärte dann aber, dass die Koalition – mit dem grünen Koalitionspartner müsse das noch besprochen werden – seiner Meinung nach beim Bildungsetat für die kommenden Jahre „eine Schippe drauflegen“ müsse.

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2 Kommentare

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  • WB
    Wolfgang Banse

    Bildung ist das apital der deutschen Bevölkerung-hier sollte der rotstift nicht angesetzt werden um der Zukunft Deutschlands willen.

  • OV
    Olav van Gerven

    Lieber Herr Börnsen,

     

    Sie haben absolut recht, 20 Millionen für Bildung sind absurd, denn mit welche Programme sollen dann Ihre Nachfolger die durch eine erfolgreichen Bildung nicht mehr vorhandene gescheiterte Jugendlichen helfen können? Würden Sie jetzt das Geld in Bildung investieren, nehmen Sie ihre Nachfolger die Chance sich zu profilieren. Nein, dann geben Sie das Geld besser aus an eine nicht benötigte und als zu riskant von private Investoren betrachtete Hafenanlage. Damit setzen Sie sich, Frau Linnert und alle ander Mitglieder im Senat wenigstens ein würdiges Denkmal.

     

    Oder?