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Archiv-Artikel

Schrille Melange

Bunt gemischte Teenie-Soap mit allen Ingredients familienbedingter Chaoszustände: Maryn Stucken inszeniert im Lichthof-Theater Iris Anna Ottos „Die Luschinskis“

So kann sie also aussehen, die viel beschworene „Private Sponsorship“ in Hamburgs Kulturlandschaft: Der mit Comics und Harry Potter bekannt gewordene Carlsen-Verlag sponsert derzeit eine Bühnenumsetzung des verlagseigenen Romans Die Luschinskis von Iris Anna Otto im Lichthof Theater.

Klar, dass man das Buch samt Fortsetzung im Foyer kaufen und leibhaftig in der Inszenierung bewundern kann. Klar ist aber auch, dass ohne diese Unterstützung das kleine, von hohem privatem Engagement einer Hand voll Idealisten um Maryn Stucken getragene Theater so einen Knaller wohl kaum auf die Bühne bringen könnte. Und wie die 15 Jugendlichen um Regisseurin Heidrun Petersen das nach rund einjährigem Proben hinkriegen, ist wahrlich ein Riesenspaß. Und eine charmante, gelungene Satire auf den Unterhaltungsrummel zwischen Daily Soap und Reality-TV.

Schon die Grundrezeptur der Inszenierung ist stimmig: In der chaotischen Familie Luschinski und ihrer Umgebung finden sich jede Menge Identifikationsangebote: Macher und Miezen, Loser und Lügner, Ruhm und Reue, Gewalt und Geschenke, Träume und Tragik, Liebe und List. Das komplette Arsenal für TV-Teenies Universum eben, auf Marcel Weinands dichte Räume schaffender, stimmiger Bühne und zu Jannis Kafkas ausgeklügelter Live-Musik- und Klang-Begleitung.

Allumfassend ist „Big Mamas Reality Show“, in der das quietschige Töchterchen Monalena – in Steinzeit-Ambiente – zum Teenie der Woche gekürt wird. Derweil macht ihr Drillingsbruder Ben Geschäfte mit „Fan-Artikeln“ und Schwester Ruth verheddert sich zwischen Intellekt und Verliebtheiten. Mutter geht ein bisschen fremd, Vater kocht und serviert nebenbei frische Arbeitslosigkeit. Hund Ouzo macht eh, was er will. Die Putzfrau bändelt mit einem ehedem besser gestellten Penner an. Die Abzocker-Clique haut überall dazwischen, ein Fernsehteam kommt unverschämt und drei Zicken machen ihrem Namen alle Ehre.

Die Melange des Stücks ist schrill und schnell. Nichts, was nicht in seiner Überspitztheit als TV-kompatible Fassade entblößt würde, Gefühlsleben mit Warencharakter. Alles ist Schein in dieser Welt, die sich dem Diktat der Vermarktung unterworfen hat. Alles ist Show, alle sind ihr Teil. Und in ihrer Künstlichkeit werden die jugendlichen Darsteller paradoxer Weise echt. Eben genau so echt, wie die platten Typen aus GZSZ etc. uns jeden Tag aus ihrem Universum entgegenstrahlen. Und wenn man sich darauf einlässt, möchte man gerne immer mehr davon sehen. So wie hier. Oliver Törner

weitere Aufführungen: 28. 2. bis 2. 3., jeweils 19.30 Uhr, Lichthof-Theater, Mendelssohnstr. 15