: Schreyer sucht letzten Streit mit Töpfer
Berlin (taz) — Nicht mit einem leisen „Servus“, sondern mit scharfer Kritik am Bonner Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) verabschiedet sich die Berliner Umweltsenatorin Michaele Schreyer (AL-nah) von ihrem Amt. Heute reicht sie wegen des Bruchs der rot-grünen Senatskoalition ihren Rücktritt ein.
Gleichzeitig trifft bei Töpfer ein letzter Brief der Senatorin ein. Michaele Schreyer verteidigt darin vehement ihren Negativ-Bescheid für den Forschungsreaktor des Berliner Hahn-Meitner-Instituts (HMI) und wirft dem Bundesminister vor, sein Entsorgungskonzept für den Atommüll des HMI beruhe „auf Hoffnungen und Erwartungen“, die bisherigen Ausführungen Töpfers seien „unverständlich und widersprüchlich“.
Töpfer hatte Schreyer ultimativ aufgefordert, dem Atommeiler eine Betriebsgenehmigung zu erteilen und sie für morgen zu einem „bundesaufsichtlichen Gespräch“ nach Bonn zitiert. Schreyer erklärte jetzt, sie „bedaure“, daß sie den Streit mit Bonn aufgrund ihres Rücktritts „nicht persönlich führen“ könne. Eine „detaillierte Auseinandersetzung“ mit ihren Argumenten zur ungeklärten Entsorgung der HMI- Kernbrennstäbe finde in Töpfers bisherigen Schreiben „an keiner Stelle statt“, kritisiert Michaele Schreyer in ihrem am Freitag abgeschickten 18seitigen Brief, der der taz vorliegt.
Die Bundesrepublik, die spätestens in 25 Jahren die im schottischen Dounreay gelagerten Brennstäbe zurücknehmen müsse, sei von einer „belastbaren Planung“ zur Entsorgung von radioaktiven Abfällen „so weit entfernt wie nie zuvor“.
Töpfer hatte bereits angedroht, per Weisung an Schreyer dem HMI- Reaktor eine Genehmigung zu verschaffen. Wäre sie im Amt geblieben, hätte sich die Umweltsenatorin stur gestellt und die Weisung nicht befolgt, heißt es im Umkreis der Senatorin. Stattdessen hätte die Berliner Behörde Klage beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht. Ob Schreyers Nachfolger — voraussichtlich übernimmt am Dienstag ein SPD-Senator vorläufig das Amt — gegenüber dem Bonner Druck standhält, ist freilich offen. Ihr Nachfolger möge „keine voreilig unterwürfige Haltung“ gegenüber Töpfer einnehmen, forderte Schreyer am Samstag. Hmt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen