Schon vier Wochen im Hungerstreik: Die neue Westsahara-Krise
Die von Marokko auf die Kanaren abgeschobene Menschenrechtlerin Aminatu Haidar, seit vier Wochen im Hungerstreik, wird zum diplomatischen Problem.
Der Hungerstreik der sahrauischen Menschenrechtsaktivistin Aminatu Haidar wächst sich für Marokko zu einem internationalen Problem aus. Die EU-Präsidentschaft, US-Außenministerin Hillary Clinton und UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon üben jetzt Druck auf Marokko aus, damit die 43-jährige Haidar in ihre Heimat, die von Marokko seit 1975 besetzte ehemalige spanische Kolonie Westsahara, zurückkehren kann. Die marokkanischen Behörden hatten Haidar am 14. November den Pass abgenommen und sie auf die spanische Insel Lanzarote abgeschoben, als sie von einer US-Reise zurückkam. Die Menschenrechtlerin nimmt aus Protest dagegen seit 26 Tagen keine Nahrung mehr zu sich.
"Die Präsidentschaft der Europäischen Union gibt ihrer Besorgnis angesichts des Gesundheitszustand von Frau Aminatu Haidar Ausdruck und bittet die marokkanischen Autoritäten, ihren internationalen Verpflichtungen gegenüber den Menschenrechten nachzukommen", heißt es in einem Kommuniqué, das der schwedische EU-Vorsitz am Donnerstag veröffentlichte. Die spanische Presse berichtet unter Berufung auf "diplomatische Quellen in Brüssel", dass US-Außenministerin Hillary Clinton mit ihren marokkanischen Amtskollegen Taieb Fassi-Fihri telefoniert habe, um von ihm eine schnelle Lösung zu verlangen. Die USA haben in der Vergangenheit immer wieder vermittelnd bei Konflikten zwischen Rabat und Madrid eingegriffen. Zuletzt, als marokkanische Truppen 2002 die unbewohnte, zu Spanien gehörende Insel Perejil besetzten.
Ihren marokkanischen Pass, der Haidar vor ihrer Abschiebung auf dem Flughafen der Hauptstadt Westsahara, El Aaiún, abgenommen wurde, erhielt die Sahraui einst von den marokkanischen Behörden auf Druck der Bush-Administration. Am kommenden Montag fliegt der spanische Außenminister Miguel Ángel Moratinos nach Washington. Auch die Vereinten Nationen beschäftigen sich mit dem Fall Haidar. Nach Angaben eines Sprechers von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon seien Spanien und Marokko mehrere Lösungsvorschläge unterbreitet worden. "Über Details kann ich nicht reden. Aber ich kann versichern, dass der Generalsekretär über den Gesundheitszustand Haidars sehr besorgt ist", erklärte er. Gestern wollte sich Ban Ki-moon mit dem marokkanischen Außenminister Fassi-Fihri treffen.
"Ich glaube, dass Marokko angesichts internationalen Drucks nachgeben könnte", erklärte die sichtlich geschwächte Aminatu Haidar am Donnerstag auf einer Pressekonferenz. Bevor sie sich wieder in ihre Kammer auf dem Busbahnhof des Flughafens von Lanzarote zurückzog, fügte sie noch hinzu: "Ich werde nach El Aaiún zurückkehren, mit Pass oder ohne, lebendig oder tot."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin