: Schöner wenden
Bausenator Nagel verschiebt das Deutsche Historische Museum ■ K O M M E N T A R
Schöner wenden - niemand kann das so gut wie der Bausenator. Im Frühjahr war er den Rechten damit auf die Nerven gegangen, daß er - einsam, aber bestimmt - verkündete, er wolle weder den Rossi-Bau haben noch den dafür vorgesehenen Standort am Spreebogen überhaupt mit einem Deutschen Historischen Museum bebauen, was die Ausschreibung eines neuen Architekturwettbewerbes und damit eine erhebliche zeitliche Verzögerung zur Folge hätte. Gleichzeitig machte er sich aber auch bei der AL unbeliebt, weil er erstens die für den Standort zuständige Umweltsenatorin übergangen hatte und zweitens öffentlich seine staatsmännliche Liebe zum Museum erklärte. Schließlich sollte Rot-Grün nicht nur als Verkehrsberuhigerin in die Geschichte eingehen, hatte er damals zugegeben, da mußte schon ein schärferer Weltgeist wehen. Und noch etwas hielt Wolfgang Nagel nicht gerade geheim: Die mindestens 400 Millionen geschenkten Kohlen wollte er der Berliner Bauwirtschaft doch um jeden Preis zukommen lassen.
Winkende Millionen und reservierte Ehrenplätze in der Weltgeschichte - dafür gingen gewisse GenossInnen gerne auch auf die billigsten Erpressungsversuche aus Bonn ein. So verlangte der Innenminister das fertige Konzept bis Mitte Dezember - und prompt verkaufte die Kultursenatorin dies als ihren eigenen Wunsch. Viel geschickter ist da Wolfgang Nagel: Er schickt weiterhin Demutsadressen zu Schäuble und Kohl nach Bonn, und gleichzeitig packt er diese an den Wohnungen-für-Übersiedler-Sonntagsreden-Auslassungszeichen.
Geld gibt's und eine große Geste, und mit der deutschen Geschichte hat das alles natürlich auch irgendwie zu tun. Was kann da Helmut Kohl noch mehr wollen, und worüber sollte sich da die AL noch beklagen?
Gabriele Riedle
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