Schöner Leben: Umgerührte Verrichtung
■ Wo die kleinen Performances herkommen
Jeder weiß, wie das ist, wenn einem so komisch sinnlos zumute ist. Du stehst in der Gegend rum und dir selbst im Hals, keiner sieht oder liebt dich und der Hund wird grade in der Pfanne verrückt. So ging es neulich mir.
Spaßeshalber zerschnitt ich ein paar Bohnen und auch eine Zwiebel und weinte ein wenig. Nun war zu überlegen, was weiter? Ich fing an zu sprechen. Oh du meine Schnittbohne, da du hangest, sagte ich, wenn das deine Mutter säh', das Herz tät' ihr zerspringen. Tut mir leid: mir war wirklich so! Überall war mir traurig, aber doch auch sehr bedeutsam.
Nun nahm ich die Zwiebelringel und ließ sie wahllos zerflattern über einem Topf. Dann entriß ich die schnittigen Bohnen dem Schnittplatz und warf sie den Zwiebeln hinterher. Und schmurgelnd schmatzte der Todestopf! Da war ich plötzlich der Gewalt der Bedeutung nicht mehr gewachsen und fiel in ein Rührkoma.
Ach, wenn doch jemand dabei gewesen wäre, meine Schnippelbohnen-Ekstase zu erleben! Und vor allem von mir zu lernen, daß man Bohnen nicht einfach brechen darf, ohne der Welt etwas mitteilen zu müssen. Und so erfand ich die Performance, aber sagen Sie's nicht weiter. Claudia Kohlhase
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