■ Schöner Leben: Unerheblich
SCHÖNER LEBEN
Unerheblich
Manchmal ist man ein wenig ratlos, wohin noch alles führen soll. Man fühlt sich einerseits überfragt, andererseits fragt einen eigentlich gar keiner. Das macht doch Unerheblichkeitskomplexe! Denn ist man nicht unerheblich, wenn keiner was von mir wissen will, aber sonst von allen?
Bloß von mir will niemand wissen, ob ich eher Muskelmänner oder depressive Rheumatiker liebe. Tausende von Erstkläßlern, Samenspendern oder Bäckermeistern mit Bienenstichallergie werden umgefragt, ob sie Schnittblumen hassen, Topflappen kennen oder manchmal nachdenken. Jede dritte Großmutter ist orgasmusstatistisch erfaßt und darf zu Rückschlüssen auf die Sexualität im Rentenbereich beitragen. Hausfrauen können reihenweise angeben, ob sie ihren Gatten lieber mit der Fernbedienung, dem Armleuchter oder der Redekeule erschlagen. Und glaubt man den Umfragern, hält sich jede 76. Schneeflocke für ein Zeichen beginnender Kälte und ist der Radfahrer, der gestern in Mainz vom Glauben abfiel, der Vorbote einer Welle von fehltretenden Atheisten. Daß 11 von 12 Zähneputzern ihre Zwischenräume vergessen, wundert da schon niemand mehr. Bloß, daß ich neulich, als mir so warm war, vermutlich der erste Schmilzausläufer der Polkappe war, das glaubt wieder keiner. Claudia Schmilzhase
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