DIE GESELLSCHAFTSKRITIK : Schöne Schweinerei
WAS SAGT UNS DAS? Eine Exaffäre von Dominique Strauss-Kahn schreibt hinterher darüber. Verführte sie ihn vorsätzlich? Ein Erfolg wird das Buch in jedem Fall
Bisher kannten wir das Märchen von „La Belle et la Bête“ („Die Schöne und das Biest“) als Liebesgeschichte, welche die Herzen der romantisch Veranlagten höher schlagen ließ. In Frankreich ist das seit Neustem der Titel eines Buchs, mit dem ein weiteres Kapitel in der Schlammschlacht um den Ex-IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn (DSK) ausgetragen wird. Längst hatten die sensationsgierigen LeserInnen in Paris eigentlich gedacht, dank so vieler einschlägiger wie tiefschürfender Berichte in der Presse bereits die Untiefen des unsteten Sexualleben dieses hyperaktiven Politikers ausgelotet zu haben. Und nun kommt also diese Enthüllung einer Exmätresse, die zwar weitere pikante Details aus dem Intimleben von DSK und bisher unbekannte Facetten seines Charakters liefert, gleichzeitig aber auch Fragen zu dem Vorgehen der Autorin aufwirft.
Schon lobt die Kritik eifrig den eleganten Stil des Buchs, das zuerst das Magazin Nouvel Observateur in Auszügen veröffentlichte. DSK wird darin als „halb Mann, halb Schwein“ beschrieben, wobei seine schweinische Seite bei Weitem die attraktivere sei: „Kreativ, künstlerisch und schön an ihm ist das Schwein. (…) Das Ideal des Schweins ist die Orgie, bei der niemand vom Fest ausgeschlossen wird, auch die Alten, die Hässlichen und die Kleinen nicht. Während der Politiker DSK mir immer rechts vorkam, gefiel mir sein sexueller Kommunismus.“ Das schreibt die Journalistin Marcela Iacub. Sie sagt, sie habe eine Liaison mit DSK zwischen Ende Januar und August 2012 gehabt – das heißt also: lange nach den Vergewaltigungsvorwürfen der „Sofitel-Affäre“ und der noch laufenden Gerichtsuntersuchung wegen Zuhälterei im Zusammenhang mit Sexpartys.
Sie muss also sehr genau gewusst haben, mit wem sie sich einließ. Und er? Verführte sie DSK vorsätzlich, um ihn nachträglich literarisch durch den Kakao zu ziehen? Das jedenfalls behauptet der Betroffene in einem Brief an den Nouvel Observateur. Er schreibt, er sei angewidert vom Verhalten dieser Frau, die ihn bloß verführt habe, um das dann hinterher in einem Buch kommerziell auszuschlachten. DSK will nun Klage einreichen – und der Erfolg des Skandalbuchs dürfte damit gesichert sein. RUDOLF BALMER