Schock, lass nach : Nur Spott, kein Kraut-Bashing
AUS DUBLIN RALF SOTSCHECK
Die englische Liga hatte Mitte der Neunzigerjahre ihren eigenen Wettskandal. Bruce Grobbelaar, Torhüter aus Simbabwe, wurde 1994 heimlich von der Boulevardzeitung Sun auf Video aufgezeichnet, als er einem Geschäftsfreund erzählte, mehrere Spiele für seinen Verein FC Southampton verloren zu haben. Zwei weitere Spieler waren in den Skandal verwickelt. Geschmiert hatte eine asiatische Wett-Mafia. Die Prozesse zogen sich jahrelang hin. Grobbelaar gewann schließlich im dritten Anlauf ein Verfahren gegen die Sun wegen der heimlichen Videoaufnahmen: Die Lordrichter sprachen ihm ein Pfund Schadenersatz zu. Seine Prozesskosten dürften in die Millionen gegangen sein.
Über den deutschen Wettskandal haben die britischen Zeitungen hingegen knapp und sachlich berichtet. Sogar die Boulevardblätter, die sonst nie eine Gelegenheit zum „Kraut-Bashing“ auslassen, sind ungewohnt zurückhaltend. Nur die Times ist schadenfroh: „Es ist noch gar nicht so lange her“, schreibt sie, „dass der deutsche Fußball auf den Rest Europas herabblicken und sich sagen konnte, man sei vielleicht nicht mehr am besten, aber wenigstens am saubersten.“ Das gehöre nun der Vergangenheit an, meint die Times und erinnert an Borussia Dortmund, den „Verein mit den höchsten Zuschauerzahlen in Europa“, der seine hohen Schulden zu verstecken versuchte. „Der schwerste Schlag aber kam vorige Woche“, lästert die Zeitung: „Deutschlands blütenweißes Image ist dahin, und das nur 16 Monate vor der Weltmeisterschaft im eigenen Land.“