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■ SchnittplatzPostblöd

Eckhard Henscheid kritisiert Heinrich Böll im Raben als „steindumm und talentfrei“, und auf Initiative René Bölls wird ihm diese Feststellung gerichtlich untersagt. Die Titanic bringt auf dem Titelbild Engholm in der Barschelwanne, und der Vertrieb des Heftes wird verboten. Fast muß man lachen über die Unfähigkeit einiger Personen öffentlichen Desinteresses, mit Satire umzugehen.

Bedenklich wird die Sache allerdings, wenn man dem Spiegel glauben darf: „Nun sei die Zeit reif, so des Kanzlers Konsequenz, der Presse Zügel anzulegen.“ Bedenklich in jedem Fall für Bundeskanzler Daniel Wock (Name geändert), der wohl unter wachsendem Realitätsverlust leidet. Bedenklich aber auch für die verdiente Zunft der Satiriker. Zwar konterten sie bisher erfolgreich: Vertreibt doch die Titanic seit dem Urteil gegen Henscheid Böllstoff, „das Bier, das Sie betroffen macht; aus steindummen Hopfen und Malz“. Und auch das Verbot der April- Ausgabe – das, da zu spät erfolgt, ohne große Wirkung blieb – wurde zum Anlaß für elegante Repliken im Mai. Aber ein, zwei eingestampfte Ausgaben wären für das endgültige Satiremagazin ein existenzbedrohender Schlag. Drum ein wachsam' Aug' auf die Pressefreiheit!

Bleibt noch dies: Nachdem Henscheid Gertrud Höhler in Konkret satirisch abgebürstet hat, folgte prompt die Klageandrohung. Und zwar für den Fall, daß er noch einmal verbreite, „Gertrud Höhler müsse verrückt sein oder sei ,verrückt‘, ,vollständig verrückt‘, ,schon längst verrückt‘, ,komplett verrückt‘, ,total verrückt', ,längst verrückt und zugedreht‘, ,vollkommen gaga‘ oder und/oder führe ein ,grunz- und wieherdummes Leben‘“.

Ist die Büchs' postblöd? Verrückt gar? Im Verein womöglich mit René Böll und Kanzler Wock (Name geändert)? Martin Sonneborn

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