■ Schnittplatz: „Lionizing Leo“ – Kirch in America
Üble Dunkelmänner bedanken sich bei Leo für einen Lift. Haben wir's doch gewußt. Sonnenbrille, weiße Weste, mafiöse Mimik, so sitzen die beiden da und grinsen, weil Oberdunkelmann Leo Kirch sie über den Atlantik brachte – die Blues Brothers. Umringt von illustren Comicfiguren und von den ganz Großen des US-Medienbusineß erweisen sie Deutschlands Branchenaufsteiger Nummer eins ihre Referenz. Das Ganze in einem anzeigengespickten 30-Seiten- Special, das Variety, das Entertainment-Fachblatt der Staaten, in der zweiten Januarwoche zum Vierzigsten des Kirch-Imperiums produzierte – nachdem die deutsche Öffentlichkeit den TV-Visonär schon im November zum eigenen Siebzigsten abgefeiert hatte.
In Amerika hat es Kirch leichter: Sein Ein-Mann-ein-Wort- Spielerprinzip, in dem weder die Bedenken von Aufsichtsräten und Banken, noch die von Kulturpessimisten und Medienpolitikern einen Platz finden, ist so recht nach dem Geschmack der Amerikaner. Da heißt es nicht „Medienmacht“, nicht „mangelnde Transparenz“, wenn Leo kommt, da heißt es, hollywoodlike eben, „Leo's latest gamble“, und der Titel „Media mogul“ ist durchaus als Anerkennung zu verstehen. Eigentlich kein Wunder, daß Hollywood applaudiert: Schließlich trägt der Mann nicht nur US-Populärkultur in die alte Welt, sondern in den nächsten Jahren allein für Pay-TV-Rechte über 10 Milliarden Mark nach Kalifornien. Und Variety – kein dröger Fachdienst, sondern randvoll mit Glamour – lebt schließlich von den Anzeigengeldern der ganz Großen. Da ist „Lionizing Leo“ die „one-man-band“, ein „tough but fair partner“ (Warner-Chef Schlesinger), und zustimmend wird Focus-Chef Helmut Markwort zitiert: „In America, he would be a hero because he is a quintessential self- made man.“
Wie muß sich da Kirch-Konkurrent Bertelsmann fühlen, der in den USA gern so anerkannt wäre, den Variety trotz aller Busineßfreundlichkeit aber unlängst als „teutonic turtle“ abbürstete, „buttoned down, tight lipped“. Fazit: „They don't have much reputation for creativity“ – wer dealt schon gern mit Gütersloh?lm
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