■ Schnittplatz: Lifestyle-Hilfe für Ahnungslose
Gott, wie praktisch – nur noch eine Fernbedienung für alle Geräte, Quatsch, nur noch eine Zeitschrift für alle Bedürfnisse. Modern Living, werbungsmäßig an jeder Bushaltestelle präsent, versucht die Grätsche zwischen Schöner Wohnen, Brigitte-Partner-Psychologie, Frau im Spiegel-Kochrezepten und Modemagazin. Und kommt dabei ganz schön zu Fall.
Schick soll sie sein, die neue Lifestyle-Gazette, mit modern verhuschtem Layout und vorwiegend asiatisch angehauchten Einrichtungs- und Kochtipps, genau das Richtige für den Handyman mit Koteletten und seine Medientussi-Freundin in zehenfreien Sandalen. Mundgerechte Häppchen zum Thema „Zusammenziehen“, „Relaxation“ (das sind Anti-Stress-Tipps), „Mosel-Reisen“ und „Homefashion“ wollen die herausgebenden Schwaben präsentieren, die sich selbst im Impressum jung und fotogen verewigt haben.
Aber irgendwie kommt nur ein mit Werbung vollgestopftes Nix-Magazin dabei heraus, oder anders gesagt: Ob man's nun liest oder nicht, macht auch keinen Unterschied. Entwaffnend offensichtlich versucht sich die Stuttgarter Redaktion an den fernöstlichen Geldmacherei-Zug anzuhängen, mit Feng-Shui-Regeln für den gesunden Schlaf und dem „Experten-Styling“, bei dem ein paar grüne Blätter gaaanz minimalistisch in eine Glasvase gestopft werden.
Vielleicht finden sich ja wirklich irgendwo ein paar meinungs- und ahnungslose 90er-Jahre-Trendhinterherläufer, die derlei noch interessiert. Und die Kochtipps könnte man sich bei Bedarf rausreißen, falls man die Zeitung doch mal in irgendeinem Coaching-Seminar-Wartezimmer findet. Ansonsten kann man sich die In-und Out-Studien (In: Thai-Aerobic) und Umfrageergebnisse zum Thema „Wo haben Sie Ihren Schatz kennengelernt? (Claudia, 35, Maskenbildnerin: „Bei meinem letzten Film. Wir haben in jeder Drehpause gequatscht und sind dann auf eine Goa-Party gefahren. Da ist dann ein Kind bei rausgekommen.“) beruhigt ersparen. Jenni Zylka
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen