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SchnittplatzMysteriöse Todesfälle

Gerade wurde der englische Arzt Dr. Harold Shipman, der pikanterweise in einem Ort namens Hyde praktizierte, zu lebenslanger Haft verurteilt, weil er mindetens 15 Patientinnen umbrachte, da erfuhr der Nachrichtenkonsument am Dienstag über das Berliner Gratisblatt 15 Uhr Aktuell von neuen mysteriösen Todesfällen. Diesmal in einem südafrikanischen Hospital. Dort starb jede Woche ein Patient auf der Intensivstation – stets im gleichen Raum. Nach langwierigen Nachforschungen wurde die Lösung gefunden: Die Putzfrau kam im Morgengrauen, „zog den Stecker des Beatmungsapparates aus der Steckdose und schloss den Staubsauger an. (...) Die Direktion reagierte prompt und installierte überall Doppelstecker.“

Die Tragödie vom Kap wirft Fragen auf: Was ist das für eine Intensivstation, in der man Staub saugen muss? Was, wenn die Putzfrau ein Bohnergerät mitbringt oder ein Transistorradio zum beswingteren Arbeiten?

Oder hat uns die 15 Uhr Aktuell-Redaktion nur einen südafrikanischen Bären aufgebunden? Denn aktuell ist die Geschichte keinesfalls. Leicht modifiziert erschien sie schon im letzten Jahrhundert in Robert Sauters Bändchen „Der Irrwitz des Jahres – Haarsträubende Nachrichten aus aller Welt“ (Beck’sche Reihe, 172 S., 14,80 Mark), was selbst der 15 Uhr-Chef Hans-Peter Theurich „bizarr, bizarr“ findet. Dennoch könnte Theurichs Team in dem Büchlein auch weiterhin fündig werden. Etwa mit der Geschichte von der Kuh, die vom Himmel fiel und im Ochotskischen Meer einen japanischen Trawler versenkte. Schuld war das russische Militär, das die Wiederkäuer im Flugzeug transportierte und, als die Viecher in Panik gerieten, ins Freie entließ. Die Story entstand während eines Saufabends unter deutschen Diplomaten – und war der Berliner B. Z. eine Titelseite wert.

Möglicherweise hat sich die Putzfrauen-Saga ja auch wie berichtet abgespielt. Und zwar zum zweiten Mal. Dann sollte man der Reinigungskraft jedoch ernsthaft nahe legen, die Finger von den Kabeln zu lassen. Es gibt Alternativen: Besen, Schrubber, Bohnerwachs. Ulrich Zander

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