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■ McCash Flows OrakelSchnelles Geld

„Amerika ist nicht am Ende, vielmehr haben seine besten Tage gerade erst begonnen. Krempeln wir also die Ärmel hoch, gehen wir ans Werk und fahren wir die amerikanische Wirtschaftslokomotive mit Vollgas.“ Wäre diese Hemdsärmeligkeit nicht gruseliger Ernst, man könnte über das, was der Namensgeber der Reaganomics in seinem Bericht zur Lage der Nation beschwört, nur schallend lachen. In seiner Amtszeit, so Reagan, seien die Zinsen, die Arbeitslosigkeit und die Inflation gesunken - wohl wahr; was freilich diese paar Prozentpünktchen gegen den grandiosen Schuldenberg sind - Reagan hat in fünf Jahren höhere Schulden angehäuft als sämtliche Präsidenten in über 200 Jahren vor ihm zusammen - darüber schwieg sich der US–Präsident aus. Die gigantischen Defizite, sowohl der öffentlichen wie privaten Haushalte als auch der Handelsbilanz, lassen sich auf Dauer weder durch mittelalterliches Zollgebahren und Protektionismus noch durch Zins–, Geldmengen– und Währungs–Artistik ausgleichen; was der US– Wirtschaft insgesamt gesehen nottut - Konsumverzicht ist das Gegenteil des „Way of Live“, den der rotbackige Greis mit dem letzten Saft noch einmal anheizt: „Vollgas“ - Augen zu und durch, heißt Reagans Königsweg, um als donaldistische Nero–Variante ins Ruinen–Kabinett der Weltgeschichte einzugehen. Nun brennt ein Finanzimperium - und mit ihm die Welt–Ökonomie - nicht einfach so nieder wie ein paar Hütten auf den Sieben Hügeln; bevor das System seinen Geist aufgibt, gerät es vielmehr in heftiges Schlingern und Zucken - 1987 vollführte der Aktien–Index der Wallstreet an einem Tag Ausschläge, die in vergangenen Zeiten Jahre beanspruchten. Doch diese Zuckungen sind normal, wenn ein alter Motor auf Vollgas gedroschen wird - vom drohenden Kolbenfresser will denn auch kaum ein Beobachter etwas wissen, zumindest solange der Dow Jones Tacho nicht 3000 anzeigt. Waren es bisher hohe Zinsen, so soll es nun der niedrige Dollar sein, der das internationale Kapital ins Land der unkenntlichen Begrenztheiten lockt - die Börse reagierte im ersten Monat des neuen Jahres euphorisch, die Hausse geht ins sechste Jahr und immer noch wird gereizt. Wer als Trittbrettfahrer im Großkapital–Surfing die richtigen Kurswellen trifft, dürfte 1987 auch als Kleinaktionär an der Wall Street Gewinne verbuchen, 10–20 fundamentalen Skepsis, nicht schlecht, vor allem, wenn mit dieser heißen Börse so umgegangen wird, wie mit kaltem Wasser: schnell rein, aber auch schnell wieder raus.

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