Schneegestöber (10): Polarnachtwandern: Eisiger Marsch

Bei der 17. Polarnacht können Wanderer Kälte- und Streckenrekorde holen.

Teufelsberg bei Sonnenuntergang - kurz danach, um 20 Uhr geht die Nachtwanderung los Bild: dpa

Es ist ein gewaltiger Marsch: 100 Kilometer in 22 Stunden. Wolfgang Pagel hat sich einiges vorgenommen. Am heutigen Freitagabend um 20 Uhr startet der Präsident des Berliner Wanderverbandes mit rund 15 ähnlich hartgesottenen Wanderern zur 17. Berliner Polarnacht.

"So eine Winternacht mal von Anfang bis Ende mitzuerleben ist was ganz Besonderes. Solche Momente kann kein Fotoapparat festhalten", erklärt Pagel. Vom Bahnhof Gesundbrunnen geht der Marsch zum Eiskeller in der Havelniederung zwischen Hennigsdorf und Spandau. Die Wiesenfläche gilt als der kälteste Ort Berlins, "bis zu 10 Grad kälter als die Stadtmitte", so der Wanderleiter. Früher sei hier Eis eingelagert worden, das sich bis zum Frühjahr hielt.

So viel Winter war selten. Doch wo herrschen die besten Bedingungen, um Schnee und Eis vollendet zu genießen? Die taz testet täglich Berlins Ski-, Eis- und Rodelgebiete. Heute: Wandern bei der 17. Berliner Polarnacht.

Schneequalität: Auf den Wanderwegen liegt hauptsächlich unberührter Tiefschnee, der das Vorankommen allerdings ziemlich erschwert.

Pistenqualität: Die Strecke ist vor allem eins: lang.

Konkurrenz: Circa 15 gut trainierte Wanderfreunde gehobenen Alters.

Après-Ski-Potenzial: Ein Glühwein an Berlins Kältepol muss reichen, die Wanderer sind eher auf Leistung aus.

Im Eiskeller wird eine Temperaturmessung durchgeführt. Bis zu minus 17 Grad wurden hier bei vergangenen Polarnächten registriert. "Dieses Jahr hoffen wir auf minus 10 Grad", sagt Pagel und scheint sich tatsächlich darüber zu freuen. Zur Feier der potenziellen Unterkühlung gibt es am Messpunkt erst einmal einen Glühwein.

Warum tut man sich so etwas an? "Ich sehe das als sportliche Herausforderung. Und die Kälte ist doch kein Problem", stellt Pagel fest. Man müsse sich nur passend anziehen. Schwieriger sei allerdings die Dunkelheit auf dem ersten Teil des Weges: "Obwohl es durch den Schnee sehr hell ist, braucht man eine Taschenlampe."

Mit seinen Wanderfreunden im Alter von 45 bis 75 Jahren wird Pagel von der Temperaturmessung weiterziehen zum Frühstücken. "Da ist dann ein Kaffee schon angezeigt", gibt der 64-jährige Leistungssportler unumwunden sein Doping zu.

Dann sind 50 weitere Kilometer zu absolvieren. "Für mich ist das was Tolles, zum Ausgleich mal ein bisschen rauszukommen, Sport zu machen und die Natur und die Gemeinschaft zu genießen", sagt Pagel, der hauptberuflich Softwareentwickler ist. Für Untrainierte sei so ein Gewaltmarsch aber nicht zu empfehlen: "Wir laufen schneller als 5 Kilometer pro Stunde, das ist für Anfänger, gerade im Schnee, kaum machbar."

Am Samstag um 18 Uhr kommt die Gruppe wieder am Gesundbrunnen an. "Dann geh ich erst mal schön warm duschen", kündigt der Kältefreund an.

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