Schlimmste Dürre seit 50 Jahren: Wasserknappheit in Barcelona
Die Wasserknappheit in Spanien wird dramatisch. Barcelona droht eine Unterbrechung der Versorgung. Schon bricht die Debatte über Ursachen los.
MADRID taz Barcelona geht das Wasser aus. Wenn es in den nächsten zwei Monaten nicht regnet, wird in der nordostspanischen Mittelmeermetropole spätestens zum 1. Juni das Trinkwasser rationiert werden müssen. Dann wird es nur noch stundenweise aus der Leitung kommen. "Es herrscht eine extreme Trockenheit", erklärt die katalanische Autonomieregierung, die Generalitat de Catalunya.
Die Wasservorräte in den Stauseen der Region sind auf 25 Prozent zusammengeschrumpft. Vor einem Jahr war es noch doppelt so viel. Doch da es einfach nicht regnen will und es jetzt im Winter auch noch weniger als üblich schneit, verringern sich die Vorräte Tag für Tag. Die Generalitat spricht von "Notstand". Ein Blick auf die langjährigen Wetterdaten zeigen: Es ist die schlimmste Trockenheit der letzten 50 Jahre.
Guter Rat ist im wahrsten Sinne teuer. Die Generalitat hat einen Dringlichkeitsplan vorgestellt, der zusätzliche Investitionen von 23 Millionen Euro vorsieht. Damit sollen Tiefbrunnen gebohrt und alte Wasserentnahmestellen wieder in Betrieb genommen werden. Seit vergangenen Sommer wurden bereits 83 Millionen Euro ausgegeben. Da auch das nicht reichen wird, liegen längst Pläne vor, um Wasser per Schiff nach Barcelona zu transportieren. Zum einen soll es aus der größten spanischen Meerwasserentsalzungsanlage im südspanischen Almería kommen, zum anderen haben die Wasserwerke in Barcelona den französischen Fluss Rhone im Auge.
Doch die Region rund um Barcelona ist längst nicht die einzige, in der es eng wird. Auch im sonst für sein verregnetes Wetter bekannten westspanischen Galicien ist es so trocken, wie schon lange nicht mehr. Einige der großen Stauseen in der Atlantikregion sind gerade noch zu zehn Prozent gefüllt. Auch im südspanischen Andalusien sieht es nicht viel besser aus. "Wir haben das schlechteste Jahr seit 1995", erklärt der Präsident der Vereinigung der Wasserverbraucher am größten Fluss im Süden, dem Guadalquivir, Francisco Tapia. Die Versorgung der Stadt Sevilla, die wichtigste im Tal des Guadalquivir, sei gesichert. Doch für die Landwirtschaft stehe nur ein Viertel dessen zur Verfügung, was in normalen Jahren zur Bewässerung der Plantagen genutzt wird.
Angesichts der Wasserknappheit steht die Regierungspolitik in die Kritik. Ein Plan der Sozialisten unter José Luis Rodríguez Zapatero aus dem Jahre 2005 stoppte die Umverteilung des Wassers im Lande per Pipelines. Stattdessen wurde der Bau von 26 Meerwasserentsalzungsanlagen geplant. Bis heute sind nur zwei davon fertiggestellt. Sie wurden in landwirtschaftlichen Regionen im Süden des Landes errichtet. Es fehlt ihnen an Kunden. Denn ein Kubikmeter entsalztes Wasser kostet 50 bis 70 Cent. Die Stadtbevölkerung ist bereit, diesen Preis zu zahlen. Die Landwirte, die 80 Prozent des spanischen Wasser für ihre Felder verbrauchen, sind es nicht. Ihnen wird das begehrte Nass für 36 Cent angeboten. Doch selbst das ist den Bauern zu viel. Aus der Pipeline bekamen sie es für 10 Cent. Um Geld zu sparen, bohren sie kurzerhand überall illegale Tiefbrunnen. Ganze Grundwasserschichten wurden so schon ausgetrocknet. Die Behörden wollen von diesem Treiben nichts wissen, sie schauen weg.
Wasserexperten verlangen ein Umdenken beim Verbrauch. Die energieintensive Entsalzung könne nur eine Notlösung sein. Professor Manuel Ramón Llamas von der Stiftung Neue Wasserkultur beschwert sich über die Subvention des entsalzten Wassers für die Landwirtschaft. "Das Prinzip des gleichen Preises für alle Verbraucher wird einmal mehr verletzt. Ich verstehe nicht warum die Bevölkerung die Bewässerungslandwirte, die im Mercedes herumfahren, subventionieren soll."
Längst werden auch in Spanien Stimmen laut, die vor einem tiefgreifenden Wandel der Niederschläge auf der Iberischen Halbinsel warnen. Der Klimawechsel, so berechnen Experten, könne zu einer immer schnelleren Verwüstung und Versteppung des Landes führen. Während die regierenden Sozialisten vom Klima reden und erneuerbare Energien fördern, ist für den konservative Oppositionsführer Mariano Rajoy die Klimadebatte übertrieben. "Mein Cousin ist Physiker und er sagt, dass der Klimawandel nicht das große weltweite Problem ist", erklärte Rajoy anlässlich eines Al-Gore-Besuchs in Spanien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Innereuropäische Datenverbindung
Sabotageverdacht bei Kabelbruch in der Ostsee
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom