Schlichterspruch von Heiner Geißler: "Stuttgart 21" soll fortgeführt werden
Heiner Geißler hat gesprochen. Er hält den Weiterbau von "Stuttgart 21" für grundsätzlich richtig. Doch der Schlichter fordert entscheidende Verbesserungen an dem Projekt.
STUTTGART taz/afp/dpa | Fünf Wochen lang hat er sich ein Bild gemacht, nun gab Heiner Geißler als Schlichter eine Empfehlung in der verfahrenen Frage um "Stuttgart 21" ab. Aus seiner Sicht soll das Projekt fortgeführt werden.
Allerdings, so sagte Geißler, sollte es entscheidende Verbesserungen an dem Projekt geben. Der Bahnknoten solle "deutlich leistungsfähiger, baulich attraktiver und umweltfreundlicher" werden, sagte Geißler in Stuttgart. Der Schlichter forderte eine Weiterentwicklung zu "Stuttgart plus". Bahnchef Rüdiger Grube sagte nach dem Schlichterspruch, er sei "glücklich".
Als weitere Änderungen forderte Geißler unter anderem, mehr für die Sicherheit der Fahrgäste zu tun. Außerdem sollten die durch die unterirdische Verlagerung im bisherigen Gleisbett entstehenden neuen Grundstücke durch eine Stiftung Grundstückspekulationen entzogen werden.
Geißler sagte, es sei von vorneherein klar gewesen, dass es keinen Kompromiss zwischen dem von den Gegnern vorgeschlagenen Kopfbahnhof und dem unterirdisch geplanten neuen Hauptbahnhof hätte geben können. Zwar habe es mit "K 21" eine attraktive Alternative gegeben, die jedoch entscheidende Nachteile gehabt hätte, etwa die fehlende Finanzierungsgrundlage.
Außerdem liege nur für "Stuttgart 21" eine Baugenehmigung vor. Der Umbau des Projekts käme nur dann nicht, wenn die Deutsche Bahn freiwillig darauf verzichte. Dies lehne das Unternehmen jedoch ab.
Geißler rechnet damit, dass beim Weiterbau des Bahnprojekts Stuttgart 21 auch die Proteste dagegen fortgesetzt werden. Deshalb müsse es phasenweise auch wieder Schlichtungsgespräche, beispielsweise moderiert von Bischöfen, geben. Grundsätzlich sprach sich Geißler in Deutschland für "eine Verstärkung der unmittelbaren Demokratie" aus.
In den von Geißler über fünf Wochen moderierten Schlichtungsgesprächen war es zu keiner Annäherung zwischen den Betreibern und Gegnern des Bauvorhabens gekommen. Die Deutsche Bahn will bis 2020 den Stuttgarter Kopfbahnhof für mindestens 4,1 Milliarden Euro in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof umbauen.
Zudem soll Baden-Württembergs Landeshauptstadt mit einer 2,9 Milliarden Euro teuren Neubaustrecke nach Ulm an das Hochgeschwindigkeitsnetz der Bahn angebunden werden. Die Schlichtung war angeregt worden, nachdem bei einem Polizeieinsatz zur Einrichtung einer Baustelle für "Stuttgart 21" über hundert Menschen verletzt worden waren.
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