Schlepper halten Flüchtlinge gefangen: Eritreer auf Sinai-Halbinsel ermordet
80 Flüchtlinge aus Eritrea werden in der Wüste festgehalten, sechs wurden bereits ermordet. Die Schlepper fordern 8.000 Euro für jeden ihrer Gefangenen.
ROM taz | Wie italienische Medien am Wochenende meldeten, werden etwa 80 Eritreer seit einem Monat von ägyptischen Menschenhändlern unter unmenschlichen Bedingungen auf der Sinai-Halbinsel gefangen gehalten. Sechs der Flüchtlinge sollen in den letzten Tagen von ihren Bewachern ermordet worden sein.
Bekannt wurde der Fall durch Telefonate einiger der Gefangenen mit dem in Rom tätigen eritreischen Priester Mussie Zenai. Eines der Telefongespräche wurde von Radio Vatikan ebenso wie von italienischen Fernsehsendern ausgestrahlt. Die Flüchtlinge berichteten, sie hätten zunächst versucht, von Libyen aus nach Italien zu gelangen. Angesichts der rigiden Abschottungspolitik sei dieser Anlauf jedoch gescheitert. Nach wochenlanger Haft in Libyen seien sie schließlich freigelassen worden.
Schlepper hätten daraufhin der Gruppe zugesagt, sie gegen die Zahlung von 2.000 Dollar pro Kopf über Ägypten nach Israel zu bringen. Kurz vor der israelischen Grenze seien die Eritreer dann jedoch in Gefangenschaft genommen worden. In den Telefonaten hieß es, sie befänden sich angekettet in einen engen Raum gesperrt, erhielten winzige Essensrationen und salziges Wasser.
Die zu Entführern mutierten Schlepper forderten pro Kopf weitere 8.000 Dollar für die Freilassung, anderenfalls würden die Gefangenen umgebracht. In der letzten Woche dann hätten sich die Ereignisse dramatisch zugespitzt. Drei Flüchtlinge seien einfach erschossen worden, weitere drei seien nach einem Fluchtversuch mit Knüppeln erschlagen worden. Zahlreiche Personen, darunter schwangere Frauen, seien verletzt.
Christopher Hein, Direktor des italienischen Flüchtlingsrates, sieht einen direkten Zusammenhang zwischen dem Vorfall und der italienischen Abschottungspolitik. In Italien, so Hein, sei die Zahl der Asylbewerber im letzten Jahr drastisch gesunken. Dies liege jedoch nicht daran, dass die Fluchtgründe weggefallen seien.
Hein und der eritreische Priester Zenai appellierten an die ägyptischen Behörden, an die italienische Regierung und an die Europäische Union, sofort zugunsten der gefangen gehaltenen Eritreer zu intervenieren.
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