„Schlechtes Gewissen der GAL“

■ PDS, Alternative Liste und sechs andere Splitterparteien kandidieren gemeinsam zur Bürgerschaftswahl: eine Fundi-Opposition    von Kaija Kutter

Auf den Wahlzetteln ganz unten wird es diesmal etwas übersichtlicher sein. Haben sich doch sieben linke Gruppierungen zu einer gemeinsamen „Linken Alternative - Wehrt Euch“ zusammengeschlossen: eine „fundamentale Anti-Liste“, wie die ehemalige Bürgerschaftsabgeordnete Christina Kukielka auf der Gründungsversammlung in der Werkstatt 3 betonte. Vier Wochen lang hatte man an der neunseitigen Wahlplattform herumgeschrieben und gekrittelt. Am Samstag nun wurden letzte Widersprüche geklärt, es entstand ein Papier, in dem alles benannt ist, was aus linker Sicht heutzutage nicht zum besten steht. In Schlagworten: „Antipatriarchalisch, antinational, antikapitalistisch, antirassistisch – gegen den Zeitgeist.“

„Wir sind der Meinung, daß die GAL keine linke Opposition mehr ist“, sagt der Ex-Galier und heutige PDSler Andreas Grünwald. Die eigene Kandidatur sei Protest gegen die Rechtsentwicklung und „für linke Politik“. Seine Partei hatte zusammen mit der Alternativen Liste bei der vorigen Bürgerschaftswahl 1991 1,1 Prozent der Stimmen bekommen. Wesentlich mehr dürften auch mit der am Bündnis beteiligten DKP, dem Bund westdeutscher Kommunisten (BwK), der MLPD, dem VVN und einer Vertreterin des Lesbenrings Hamburg nicht zusammen kommen. Doch um Regierungsbeteiligung ginge es auch gar nicht. Vielmehr wolle man allen Gelegenheit bieten, für linke Inhalte zu demonstrieren, die „es nicht durch Stimmenthaltung den Wahlforschern überlassen wollen zu entscheiden, welchem politischen Lager sie zugerechnet werden.“

Wichtigstes Anliegen ist dem Bündnis, das übrigens nicht aus kompletten Organisationen, sondern aus Einzelpersonen besteht, die Bekämpfung von Rassismus und Rechtsentwicklung in diesem Land. Die Grünen, so die Kritik, äußerten sich hier nicht deutlich genug. „Zu Abschiebungen sagt die GAL gar nichts“, sagt Grünwald. Einzelne Abgeordnete hätten gar Verständnis für die Quotierung von Zuwanderern geäußert. Die „Linke Alternative“ setzt dem ein generelles Bleiberecht für alle entgegen. Doch auch in anderen Programmpunkten hagelt es Kritik an den Ex-Genossen, man fühlt sich als „schlechtes Gewissen der grünen Partei“. So seien konkrete Forderungen, wie die Infragestellung der Wirtschaftsförderung, herausgefallen. Statt dessen habe „die GAL letztlich die Sparpolitik akzeptiert, die Ideologie der leeren Kassen übernommen“, konstatiert Grünwald. Dies versuche man über die „Demokratisierung“ wieder aufzufangen, wie an der Autonomie-Debatte im Bildungsbereich deutlich werde. Die Hoffnung, Rot-Grün könne die Folgen des zu erwartenden Sozialkahlschlags dämpfen, sei eine Illusion, „die letztlich aus dem GAL-Programm sachlich nicht abzuleiten ist.“

Je weiter weg von der Regierungsverantwortung, desto klarer die Linie und der Weg. Doch in einigen Anti-Punkten waren sich auch die neuen Verbündeten uneins. Ob man antinational oder antinationalistisch eingestellt ist, zum Beispiel. Sie habe in der Schule gelernt, so eine ältere VVNlerin, daß da durchaus ein Unterschied besteht. „Antinational ist ein schreckliches Wort für mich, wir lieben doch alle das Land, in dem wir leben“, sagte ein ebenfalls älterer DKPler. Die Frage der Nation, die schon zu Zeiten der Wiedervereinigung die GAL gespalten hatte, wurde gründlich diskutiert. Es blieb bei der kurzen Form. Schließlich, so Christina Kukielka, stehe „antinational“ dafür, daß man „für die Niederlage dieses Großdeutschland ist“.