Schlechte Bilanz bei Deutscher Bank: Massiver Gewinneinbruch
Die andauernden Rechtstreitigkeiten schlagen voll auf die Bilanz des größten deutschen Finanzhauses durch. Der Umbau zum Geldinstitut der Weltklasse gerät ins Stocken.
FRANKFURT rtr | Milliardenschwere Altlasten aus der Zeit vor der Finanzkrise werfen die Deutsche Bank immer stärker zurück. Deutschlands größtes Geldhaus muss mittlerweile mehr als vier Milliarden Euro für Rechtsstreitigkeiten zur Seite legen. Im dritten Quartal blieb daher fast nichts mehr vom Gewinn übrig. Auch das Kerngeschäft Investmentbanking läuft derzeit – wie auch bei vielen Konkurrenten – nicht rund.
Entwarnung konnte die Deutsche Bank am Dienstag nicht geben. Im Gegenteil: In den kommenden Quartalen drohen weitere Belastungen in Folge der diversen Klagen und Ermittlungen, wie die beiden Vorstandschefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen signalisierten. Im Skandal um die Manipulation von Zinsen rechnen Experten im nächsten Jahr mit einem Vergleich des Instituts.
Im vergangenen Vierteljahr brach das Vorsteuerergebnis um 98 Prozent auf 18 Millionen Euro ein, deutlich stärker als erwartet. Unter dem Strich blieb noch ein Gewinn von 51 (Vorjahr: 754) Millionen Euro. An der Börse herrschte Ernüchterung, denn mit so hohen Belastungen hatten Analysten nicht gerechnet. Die Deutsche-Bank-Aktie startete mit einem Minus von 2,6 Prozent in den Handel und war damit größter Verlierer im Leitindex Dax. „Insgesamt ein ziemlich schwaches Bild“, sagte ein Händler.
Maßstab Wall Street
Jain warb abermals um Geduld: „Wir machen Schritt für Schritt Fortschritte, aber diese Reise wird uns viel Geduld abverlangen“, sagte er in einer Telefonkonferenz. Seit dem Sommer 2012 baut er zusammen mit Fitschen das Frankfurter Geldhaus um. Das Ziel: Das Institut soll in die Spitze der Banken-Weltliga aufsteigen. Allerdings werden dabei Tausende von Stellen wegfallen. Angeblich soll die „neue“ Deutsche Bank 2015 fertig sein – mit einem Investmentbanking, das sich an der Wall Street messen kann, und einer stärkeren Vermögensverwaltung sowie einem weiter wachsenden Privatkundengeschäft.
Doch im Vergleich etwa zur Schweizer UBS lässt sich das Führungsduo mehr Zeit damit, Rechtsstreitigkeiten aus der Vergangenheit beizulegen – sehr zum Ärger einiger großer Investoren. „Je länger man wartet, desto teurer wird es am Ende“, kritisierte zuletzt einer der Top-5-Aktionäre.
Die Vorwürfe reichen von fragwürdigen US-Hypothekengeschäften über Zinsmanipulationen bis hin zu angeblichen Bilanztricksereien. Allein im dritten Quartal legte die Deutsche Bank weitere 1,2 Milliarden Euro für Rechtsstreitigkeiten zur Seite, den Großteil davon für Altlasten im US-Hypothekengeschäft. Zuletzt hatte ein milliardenschwerer Hypothekenvergleich der US-Großbank JP Morgan für Aufsehen gesorgt. Außerdem zeichnen sich in der Branche weitere teure Vergleiche im Libor-Zinsskandal ab. Als nächstes dürfte hier die niederländische Rabobank Finanzkreisen zufolge eine Einigung mit den Aufsehern erzielen und knapp eine Milliarde Dollar zahlen.
Zum Thema Libor erklärte der Vorstand im Zwischenbericht: „Die laufenden Untersuchungen könnten die Verhängung hoher Geldstrafen und andere Auswirkungen für die Bank nach sich ziehen.“
Unischerheit über Kurs der US-Notenbank
Aber auch das Kerngeschäft machte dem Geldhaus in den Sommermonaten Sorgen. Im Investmentbanking sank der Vorsteuergewinn auf 345 Millionen Euro von 1,1 Milliarden vor einem Jahr. Allein im Handel mit Anleihen und anderen festverzinslichen Produkten, der wichtigsten Domäne der Deutschen Bank, brachen die Erträge im Vergleich zum Vorjahr um 48 Prozent ein. Dieser Trend hatte sich schon bei den großen US-Banken und der Schweizer Credit Suisse abgezeichnet.
Hintergrund ist die Unsicherheit über den weiteren Kurs der US-Notenbank Fed: So lange nicht klar ist, wie lange sie sich noch als großer Bondkäufer auf dem Markt betätigt, bleiben auch andere Investoren lieber in Deckung. Die UBS hat sich aus diesem Segment in großen Teilen zurückgezogen.
Voran kommt die Deutsche Bank auf ihrer größten Baustelle, der Vermögensverwaltung. Hier kletterte das Vorsteuerergebnis trotz Nettomittelabflüssen von elf Milliarden Euro auf 283 (113) Millionen Euro, weil sich mehr und mehr die Erfolge des Sparprogramms zeigen. Die Sparte ist am härtesten davon betroffen. Im Privatkundengeschäft half zwar die sinkende Risikovorsorge im Kreditgeschäft, doch belasteten hier die anhaltenden Niedrigzinsen die Geschäfte. Der Vorsteuergewinn schrumpfte auf 347 (404) Millionen Euro.
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